Klaus Voormann: Vernissage zum Reeperbahn Festival

Niemand kann so gut Haare zeichnen wie Klaus Voormann“, sagt Illustrator Stefan Kiefer. Und tatsächlich. Wenn ich an das Coverbild zum Beatles-Album „Revolver“ denke, das Voormann vor mehr als 50 Jahren gezeichnet hat, dann tauchen vor meinem geistigen Auge vor allem die vielen feinen Haare der Fab Four auf. Wild und wehend sind sie bei Paul, John und George. Glatt zum Pilzkopf gekämmt bei Ringo. Die Gesichter sind minimalistisch gehaltene Collagen aus Foto und Strich. Doch die Haare scheinen ihre ganz eigenen Geschichten zu erzählen. Aus ihnen ragen die Flausen und Fantasien und Figuren auf, die das übrige Cover zieren.

Exhibition, Klaus Voormann, Reeperbahn Festival, Hi-life, Illustration, Paintings, Collage, Beatles, Hamburg, Coverart Den Satz mit den Haaren sagt Kiefer im Laufe seiner Laudatio auf Klaus Voormann, dessen Bilder während des Reeperbahn Festivals in einem Zelt auf dem Heiligengeistfeld zu sehen sind. Die Vernissage am Vorabend der großen Clubsause ist ein schönes Warm-Up für vier volle tolle Tage und Nächte. Mir gefällt es, mich an diesem Abend ganz auf die Kunst konzentrieren zu können. Ohne dass direkt zig andere Konzerte und Programmpunkte an einer anderen Ecke auf dem Kiez nach Aufmerksamkeit rufen.

Heinz Rudolf Kunze, Twiggy, Turbonegro

Gleichzeitig ist natürlich die grandiose Musikfülle auf St. Pauli genau der Grund, warum die Ausstellung exakt an diesen Ort gehört. Wo die Beatles Klaus Voormann trafen. Und die Fotografin Astrid Kirchherr. Wo die Band erwachsen wurde. Der Titel „It started in Hamburg“ passt also sehr gut für diese Schau, die von der Hamburger Agentur Hi-Life und ihrem Gründer Uriz von Oertzen in Kooperation mit dem Reeperbahn Festival realisiert wurde.

Exhibition, Klaus Voormann, Reeperbahn Festival, Hi-life, Illustration, Paintings, Collage, Beatles, Hamburg, Coverart, Heinz Rudolf KunzeZu sehen sind frühe und spätere Coverartworks. Von der Reihe „Pioneers of Jazz“ über Heinz Rudolf Kunzes Album „Reine Nervensache“ bis hin zu dem ikonografischen Cover für Turbonegros Platte „Scandinavian Leather“. Klaus Voormanns Arbeiten speisen sich aus Einflüssen von Hamburg bis Los Angeles, von Twiggy bis eben zu den Beatles.

Klaus Voormann, eine klassische Mehrfachbegabung

Je länger ich Klaus Voormanns Werke betrachte, desto mehr entfalten sie in mir eine melancholische Kraft. Es sind Bilder, die von detaillierter Beobachtung leben. Die in sich ruhen und zugleich von einem freien, mitunter psychedelisch anmutenden Geist durchdrungen sind. Fast scheint es, als besäßen all die Illustrationen, Collagen und Gemälde einen eigenen Soundtrack, einen individuellen Klang. Ihnen ist anzusehen, dass Klaus Voormann eben auch Musiker ist. Eine klassische Mehrfachbegabung.

Exhibition, Klaus Voormann, Reeperbahn Festival, Hi-life, Illustration, Paintings, Collage, Beatles, Hamburg, Coverart Der Künstler selbst läuft freundlich lächelnd durch die Ausstellung. Ein Mann mit feinem weißem Haar und warmem Blick. Im Gespräch mit Laudator Stefan Kiefer erzählt er, welche Energie die Beatles ausgelöst haben in ihm. In einer Zeit, als es zuvor nur Catharina Valente und Vicco Torriani gegeben habe. Zudem stellt der 80-Jährige seinen Sohn und seine Tochter in den Vordergrund. Die beiden haben maßgeblich an der Ausstellung und an einem neuen Buch über das Werk ihres Vaters mitgewirkt.

Kultursenator Brosda: Offenheit der Popkultur verstärken

Rock ’n‘ Roll hält offenbar jung. Denn auch Astrid Kirchherr sitzt mit cooler Tarnjacke, feschem Kurzhaarschnitt und wachen Augen im Publikum. Ihre Fotografien der frühen Beatles in Hamburg hängen nach wie vor in meinem alten Jugendzimmer am Niederrhein. In meiner Jukebox erzähle ich, wie ich die Beatles als Teenager einst für mich entdeckte. Und auch bei vielen der anwesenden Gäste ist deutlich zu spüren, wie jede und jeder seine ganz eigene Verbindung zur Musik der Beatles und zur Kunst von Klaus Voormann hat.

Exhibition, Klaus Voormann, Reeperbahn Festival, Hi-life, Illustration, Paintings, Collage, Beatles, Hamburg, Coverart, Turbonegro Die freie, kritische, experimentelle und offene Haltung der Popkultur zu bewahren und zu verstärken, dafür plädiert Kultursenator Carsten Brosda in seinem Grußwort eindringlich. Gerade in unseren heutigen Tagen, in denen Kräfte von rechts wirken, müssten wir jenen Spirit verteidigen, der in den 60er-Jahren entstand. „Manchmal trägt eine Nacht tanzend im Club mehr zum kulturellen Verständnis bei als zehn Seminare an einer Universität“, sagt Brosda dann noch. Yeah!

Ich werde ab heute Nachmittag diesem wunderbaren Kulturauftrag nachgehen und mir als erste Amtshandlung mein Einlassband im Festival Village auf dem Heiligengeistfeld abholen.

Orientierung fürs Festival mit Biggy Pop, Diffus, Testspiel und dem NDR

Für alle, die noch Orientierung suchen: In meinem Blogpost „Biggy Pops tierische Top Ten“ habe ich ein etwas anderes Genre eröffnet und stelle zehn Acts von der Ziege bis zum Wal vor, die auf dem Reeperbahn Festival spielen.

Die geschätzten Kollegen der Online-Musik-Magazine Diffus sowie Testspiel empfehlen jeweils fünf Newcomer, die es sich auf dem Reeperbahn Festival anzuschauen lohnt. Ich liebe solche Auflistungen samt fundierter Beschreibungen. Und dass beide Redaktionen jeweils unterschiedliche fünf Favoriten nennen, spricht für das Reeperbahn Festival als Entdeckerveranstaltung.

Direkt auf dem Reeperbahn Festival sorgen unter anderem die werten Radiokollegen mit ihrer moderierten Show „NDR Blue Backstage“ immer von 18 bis 19 Uhr in der Alten Liebe Bar für weiteren Input und Inspiration sowie Live-Musik. Eine perfekte Kombination, um dann gut informiert in die Nacht zu starten.

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