Helgen in der Elbphilharmonie – eine warme Welle

Du hat ein Sendebedürfnis wie ’n Fernsehturm“, singt die Band Helgen. Und dieser Satz, er ließe sich auch als Zustandsbeschreibung der Hamburger Musikszene lesen. Ob Kontroversrock von Lafote oder Klugpop von Michy Reincke, ob Soundtracksongs von Erobique oder Hintersinniges von Clickclickdecker – in den vergangenen Tagen ist irre viel tolle Musik in dieser Stadt erschienen. Keine Lieder, die alle dem selben Fahrwasser folgen. Verschiedenes. Spannendes. Sehr Gutes.

Um diese Vielfalt ein Stück weit auch in ihren klassisch geprägten Hallen abzubilden, hat die Elbphilharmonie die Reihe „Made in Hamburg“ ins Leben gerufen. Eine Kooperation mit RockCity Hamburg, dem Verein für Künstlerpflege und -beflügelung. Hiesige Musikerinnen und Popkünstler spielen in unregelmäßigen Abständen im Kleinen Saal des Konzerthauses. Darunter Bernd Begemann, Christian Naujoks, Poems For Jamiro und The Other Shi. Electro-Chanteuse, Komponistin und Sprachartistin Sophia Kennedy folgt im Februar 2019.

Helgen, Band, Hamburg, Made in Hamburg, Konzertreihe, Elbphilharmonie, Rockcity, Pop, Rock, Helgen Schulz, Timon Schempp, Niklas Beck, Singer, Guitar, Drums, Keyboard, BaseIch habe vor einigen Wochen ja bereits über die Spannbreite in Hamburg vom kleinen Club bis hin zum großen Saal geschrieben. Über die Unterschiede zwischen Elbphilharmonie und Pooca Bar. Das Konzerthaus ist nun mal keine Kaschemme. Zum Glück. Denn Musik funkelt und schimmert auf jeder Bühne auf ihre besondere Art und Weise. Ort und Publikum prägen den Sound. Und jeder Künstler, jede Band lädt definitiv die Location mit individuellem Charisma und eigenen Klängen auf. Ein schönes Wechselspiel, das nachhallt.

Helgen, von Marokko zurück nach Hamburg

Die drei Hamburger von Helgen sind derzeit Spezialisten darin, an höchst unterschiedlichen Orten aufzutreten. Gerade kehren sie von einer Tour mit dem Goethe Institut zurück. In Marokko haben sie in einer Schulaula vor ausrastenden Teenagern gespielt. Tanzen vom ersten bis zum letzten Song. „Keine Angst, müsst Ihr jetzt nicht“, sagt Sänger und Gitarrist Helge Schulz im Angesicht des sitzenden Publikums im kleinen Saal der Elbphilharmonie.

Die Bühne ist wohl temperiert ausgeleuchtet. Die Ordnerinnen achten darauf, dass niemand mit dem Handy fotografiert. Der Holzboden strahlt eine begagliche Ruhe aus. Die konzentrierte Aura gefällt mir sehr gut an diesem Montagabend. Nach einem Tag mit vielen Terminen. Mit Hin und Her. Mit Reden, Reden, Reden und Regen.

Die Sechziger und Siebziger wehen vorbei ins Heute

Der erste Song trifft mich wie eine warme Welle, die mich wie in Zeitlupe umspült. Ein sanfter Druck aus Surfsound. Die Sechziger und Siebziger wehen vorbei ins Heute. Der Hall, das Offene, Weite klingt grandios nah in diesem Raum, mit dieser Band. Eine Wucht, die mich entspannt.

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Helgen sind (v.l.): Helge Schulz (Gesang, Gitarre), Timon Schepp (Schlagzeug) und Niklas Beck (Bass).

Endlich geht’s mir wieder schlecht“, singt Helge – lässig und akzentuiert zugleich – zu heller Gitarrenmelodie und feiner Percussion von Schlagzeuger Timon Schempp. Ein angenehmes Driften, zu dem Niklas Beck am Bass den Pulsschlag liefert.

Das Trio spielt zahlreiche Songs ihres Debütalbums „Halb oder gar nicht“. Der kleine Hit „Fernsehturm“ klingt so, als lebe der Indiepop nun auf einer tropischen Insel. „Peter & Paul“ gerät zum rock ’n‘ rolligen Feger. Der neue Song „300 Nonnen“ wiederum macht mit seiner versiert galoppierenden Rhythmik und den fein harmonischen Chören Lust auf das kommende Album, das Helgen in den kommenden Monaten schreiben möchte.

Ich bin wirklich angetan von der Dynamik dieses Konzerts. Von den psychedelischen bis funkrockigen Exkursen, die aber nie in plumpes Muckertum ausarten. Und von den reduzierten Stücken wie etwa „Nackt“, die die Band auch als Oden an den Ort intoniert. Mit akustischen Gitarren, mit Kontrabass und Glockenspiel.

Eine gewisse Sunshine-Qualität

Etwas fällt ab von mir. Eine Art inspirierter Flow setzt ein. Denn trotz der mitunter um die Ecke gedachten bis ernsten Themen über zwischenmenschliche Umwege und Ehrlichkeiten besitzt die Musik von Helgen im Kern stets eine gewisse Sunshine-Qualität.

Das Publikum jedenfalls holt die Band mit seinem Jubel mehrfach für Zugaben zurück auf die Bühne. Darunter auch Hamburgs womöglich größter Musikfan. Nennen wir ihn Uwe. Die Clique Musikbegeisterter um ihn herum scheint von Mal zu Mal größer zu werden. Kein Wunder, zelebriert Uwe doch jeden Konzertbesuch vom vorfreudigen Vorabgetränk bis zur Nachlese mit sachverständiger Euphorie.

Wer solche Fans hat, braucht sich um die Szene nicht zu sorgen. „Made in Hamburg“ sehr schön und gut. „Being in Hamburg“ noch viel besser. An einem Abend wie diesem.

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