Newcomerpreis verliehen: fünf Mal Krach+Getöse

Die Stimme von Moses Schneider kommt vom Band. Aus dem Off können die Anwesenden im Kiez-Club Häkken lauschen, wie der Produzent all die Emotionen schildert, die er hatte, als er diesen einen Song das erste Mal hörte. Der raue Druck, der ihn von Anfang gepackt hat. Die bange Frage, ob die Musik ihn weiter mitnimmt. Die Euphorie, als die Energie anhält. Und die Enttäuschung, dass das Stück nach gerade einmal zwei Minuten abrupt endet. 

„Ich biete Euch an, die zweite Hälfte des Songs mit Euch zu produzieren“, erklärt der akustische Schneider dann noch. Eine feine Offerte von jemandem, der immerhin für so tolle Alben wie „Pure Vernunft darf niemals siegen“ von Tocotronic oder „DMD KIU LIDT“ von Ja, Panik verantwortlich zeichnet. Und genau darum geht beim Hamburger Nachwuchspreis Krach+Getöse, zu dessen Jury Moses Schneider dieses Jahr zählte: Die Hamburger Popinstitution RockCity bringt blitzgescheite und unbedingt offene Musikprofis in Kontakt und Komplizenschaft mit jenen, deren Kunst gerade erst hochkocht. 

Krach+Getöse, Professionalisierungsinterface für Musik aus Hamburg

Ein Jahr lang werden fünf Bands aus der Hansestadt bei Krach+Getöse gedreht und gewendet, gecoacht und gepusht. Sie erhalten Festival-Spots und Studio-Slots, Liebe, Know-how — und jeweils 1200 Euro Preisgeld. Auf dass sie dann bald bei möglichst vielen Hörerinnen und Hörern die von Moses Schneider beschriebenen Gefühlsschübe auslösen können. Auf dass sie in uns nachhallen und uns amüsieren, irritieren, verwandeln.

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Gekürte, Jury und RockCity-Team im Häkken, fotografiert von Tim Rosenbohm (ebenso Titelbild von Summer & the Giantess)

„Ob Haiyti, Ilgen-Nur, Tonbandgerät, FUCK ART, LET‘S DANCE! oder Sarah and Julian – Krach+Getöse ist das Professionalisierungsinterface für junge Musik aus Hamburg. Wir finden die Trüffel und alle helfen mit“, formuliert es RockCity-Chefin Andrea Rothaug. Im elften Jahr verleiht sie mit ihrem Team in einer Kombipackung aus Award-Show und Presse-Konferenz diesen praxisorientierten Preis — unterstützt von der Haspa-Musikstiftung. Krach+Getöse ist für mich im besten Sinne ein kreativer Hochofen, der immer wieder für glühende Popherzen sorgt.

Summer & the Giantess: Auftakt für eine divers klingende Gewinnerriege

„Das sind meine Gewinner“, wusste Krach+Getöse-Juror Moses Schneider jedenfalls sofort. Eine intuitive Klarheit, die sich mit warmer Wucht im Bauch ballt, wenn Musik einen unmittelbar anspricht, erwischt, lodern lässt. Der Sound, der Schneider begeisterte, stammt von dem Hamburger Trio Summer & the Giantess. Da ich selbst die meisten Menschen mit meiner Körpergröße überrage, bin ich natürlich schwer angetan von dem Bandnamen. Und tatsächlich betritt da eine hochgeschossene Lady mit dunklem Flair flankiert von zwei coolen Typen die Bühne. Das ganze Ensemble schreit: We are a fucking band. Fantastisch. Zwischen Alternative Rock und New Wave changiert ihr Sound.

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Gewinnerin Deine Cousine und Jurorin Malonda, fotografiert von Tim Rosenbohm

Summer & the Giantess bilden im Häkken an diesem Mittwochmittag den Auftakt für eine hübsch divers klingende Gewinnerriege bei Krach+Getöse. Als da wären: Deep brodelnder Rap und RnB von Edwin Hosoomel, Juvil mit einem smarten Mix aus Electropop und Hiphop, merkwürdig umwerfender Hiphop von Spnnnk und Empowerment-Rock von Deine Cousine.

Sause mit Klassentreffenatmosphäre

Mit Herz und Hirn belobigt werden die Gekürten von weiteren Jurymitgliedern — von Ole Specht (Tonbandgerät), Sängerin Malonda, Tobias Künzel (Die Prinzen) und Mark Tavassol (Wir sind Helden / Gloria). Der Musiker betont mit Nachdruck, wie viel Vor- und Filterarbeit das RockCity-Team geleistet hat, bevor die Jury sich für Krach+Getöse durch die 250 Acts hören konnte, die zur Auswahl standen. 

Ich freue mich jedenfalls schon sehr darauf, die fünf Bands von bei Krach+Getöse im Laufe des Jahres einmal live zu erleben. Und im nächsten Jahr soll die Verleihung dann sogar abends mit Glam und Drinks stattfinden. Denn so schön die mittägliche Sause mit Klassentreffenatmosphäre ist, so schade ist es doch, dass die meisten dann doch bald zurückeilen müssen an ihre Schreibtische und Wirkungsstätten. Immerhin sorgt der obligatorische Kuchen für nachhaltigen Zuckerkick. Und der restliche Schub, der kommt von all der neuen Musik. 

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