„Kalte Wände“ von Keele — unbequem und gut

Wer sein Album „Kalte Wände“ nennt, der schaut nicht bloß in die hübsch dekorierten Eigenheime. Der blickt auch in die Keller des Lebens. Und in die mitunter klaustrophobische Enge des eigenen Kopfes. Bereits im Titelsong ihres zweiten Longplayers, der diesen Freitag erscheint, geht die Hamburger Band Keele ans Eingemachte.

Keele, Band, Hamburg, Punkrock, Label, Rookie, Records, Album, Cover, Artwork, Kalte Wände, GuitarsMit rauem Pathos erzählt Sänger Fabian davon, wie schwer es ist, aus Negativspiralen herauszukommen. Wie für den äußeren Schein gelogen wird, während die innere Welt erodiert. Isolation statt Inspiration. 

Diese Gefühlslage spiegelt sich im Sound dieses Punkrock-Fünfers wider. Die Musik bricht sich Bahn als getriebene Sinnsuche, als akzentuierte Wut. Besonders gut gefällt mir die Dynamik der Single „Nullpunkt“: Nervöse Proklamation und melodiöser Ausbruch. Ein Pendeln zwischen guten Vorsätzen und verkaterter Realität, zwischen Utopie und Apathie. 

Bilder und Botschaften entdecken mit Keele

Beheimatet ist Keele bei dem hochgradig sympathischen Label Rookie Records, das über „Kalte Wände“ schreibt: „ein Album, das sich als kalendarischer Rückblick 2018 verstehen lässt und aus den schwierigen Erfahrungen entstanden ist, die die fünf Freunde selbst gemacht oder im nahen Umfeld miterlebt haben“.

Das Gute: Die Texte lassen sich zum Teil eins zu eins verstehen, bieten meistens jedoch interpretatorische Hintertüren. Mehrfaches Hören lohnt sich daher definitiv, um die weitere Details, Bilder und Botschaften zu entdecken. 

Verzweiflungen an der Welt

So könnte „Zwischen toten Nerven“ ein Lied über eine tatsächliche Lähmung sein. Das Stück lässt sich aber auch verstehen als Geschichte darüber, dass nichts sicher ist. Ein Song über Schicksal, Demut und Weitermachen. Keele nimmt uns — wie in „Panem“ — auch mit zu jenen, die vom Sofa aus „Worte schärfen und Pfeile spitzen“. Die ihren Hass abfeuern ins Netz und sich zugleich zuhause in Sicherheit wiegen.

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Es geht um Menschen, die funktionieren und sich dabei so lange fremdgesteuert fühlen, bis sie sich Ausflüchte suchen, etwa in die Spielsucht („Der Weg in den Ruin“).  Das sind mitunter mächtig unbequeme Songs, die einem jedoch dabei helfen, eigene Verzweiflungen an der Welt in Musik zu kanalisieren.

Keele live auf Kalte Wände Tour – präsentiert von Visions, Noisiv und Pfand gehört daneben:
22.08.19 Hamburg, Nochtwache (Releaseparty)
12.09.19 Bremen, Capri Bar
13.09.19 Oberhausen, Druckluft
14.09.19 Düsseldorf, Spilles
27.09.19 Berlin, Schokoladen
28.09.19 Erfurt, Tiko
26.10.19 Hamburg, Knust (Rookiefest 23)
16.11.19 Karlsruhe, P8

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