„Live at Clouds Hill“ mit Konni Kass und Neøv

Ich liebe Musikstudios. Die Konzentration auf die Kunst, das Unfertige, das Suchen und Verwerfen sind in den Räumen zu spüren. Und die magischen Momente, wenn sich der Sound zusammenfügt zu etwas Größerem, Ungewöhnlichem, Interessantem, Inspirierendem.

In Hamburg existieren zum Glück zahlreiche solcher Herzkammern der Musik. In einigen durfte ich im Laufe der Jahre schon einmal zu Besuch sein, zum Beispiel in Dennis Rux‘ retro-affinen Yeah! Yeah! Yeah! Studios, in Franz Plasas üppig angelegten Home Studios oder im Studio von Produzent Kristian Kühl, wo jüngst viele tolle Hamburger Bands wie Ilgen Nur, Swutscher, Schrottgrenze, Trümmer und Botschaft Alben aufgenommen haben.

Clouds Hill Recordings, Studio, Label, Rothenburgsort, Hamburg, Pop, music, production, magazineEin Studio mit äußerst warmer Aura – und grandiosem handverlesenen Equipment – ist Clouds Hill Recordings in Rothenburgsort. Innerhalb der vergangenen 13 Jahre hat Produzent Johann Scheerer in dem mächtigen Backsteinbau an der Norderelbe nicht nur Refugium und Experimentierfeld für so unterschiedliche Musiker wie Faust, Pete Doherty, Bela B, Boy, Anna Depenbusch oder Bosnian Rainbows geschaffen. Mittlerweile ist zudem ein kompletter Kosmos gewachsen, der den freigeistigen Clouds-Hill-Spirit transportiert. Ein Label, ein Magazin, Mode – und die Reihe „Live at Clouds Hill“.

Das Prinzip dieses Projekts ist denkbar einfach: Musiker, Musikerin oder Band spielen direkt im Studio ein Set vor kleinem Publikum, das maximal 64 Minuten lang ist, also die Länge von zwei analogen Tapes besitzt, wie die Clouds-Hill-Seite informiert. Der Auftritt wird live mitgeschnitten und simultan gemischt, so dass die Aufnahme im Anschluss sofort gemastert und auf Vinyl gepresst werden kann. Ganz unmittelbar.

Finnland und die Färöer Inseln zu Gast bei Clouds Hill Recordings

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Konni Kass, fotografiert von Beinta á Torkilsheyggi

Zu einer solchen Session hat Clouds Hill am Dienstag geladen – mit der finnischen Band Neøv und Konni Kass von den Färöer Inseln. Die Sängerin und Pianistin spielt normaler Weise gemeinsam mit drei weiteren Musikern aus ihrer nordischen Heimat und produziert einen komplex driftenden Electropopsound. Doch an diesem Abend setzt sie sich solo an das sachte beleuchtete Klavier.

Ihre Stimme tönt so voll und fragil und herzensdicht, dass das Publikum einfach dasteht und atmet und zuhört und sonst nichts. Ich liebe diese fokussierte Energie sehr. Etwa 40 Leute gemeinsam in einem Raum, in dem die Musik kurz die Zeit aufzuheben scheint. Der reduzierte Sound lässt Luft zum Assoziieren. Die Akzente des Gesangs und die Anschläge am Piano bestimmen Puls und Fluss der Gedanken.

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Neøv © Clouds Hill

Kompakter, aber nicht minder hypnotisch durchdringt der Sound die Körper beim zweiten Teil des Konzerts mit dem Trio Neøv. Die beiden Brüder Anssi und Samuli Neuvonen an Gitarre und Gesang sowie Schlagzeug erzeugen gemeinsam mit Bassist Ari Autio einen schwelgerisch-verschachtelten Indiepop. Zu hören ist das unter anderem auf ihrem neuen dritten Album „Volant“, das soeben beim Clouds-Hill-Label erschienen ist. Und mit dem Wissen, dass die Neuvonens in der finnischen Seenregion um Juankoski aufgewachsen sind, meine ich sofort, eine sich ausdehnende Landschaft in ihren Songs zu hören. Das Studio wird rau und wild und wunderschön bewuchert durch die sanfte Wucht ihrer Songs.

Reden, rauchen, aufgehoben sein

Clouds Hill Recordings, Studio, Label, Rothenburgsort, Hamburg, Pop, music, production, live, session, concert, NEØV, Band, finland, Konni Kass, faröe islands, interieur, drumsNach dem Konzert strömen Künstler und Gäste wieder ins weitläufige Foyer von Clouds Hill. Ein wenig verwandelt und ein bisschen mehr verbunden stehen alle beisammen bei Drinks und Quiche. Instrumente an den Wänden, ein altes Telefon, Poster, eine Notizwand. Eine entspannte Behaglichkeit. Reden, rauchen, aufgehoben sein.

Ich finde es wirklich toll, dass das Clouds Hill sich immer wieder öffnet und auf seinen Wolkenhügel lädt. Andere bei zu sich zu Hause einzulassen, ist nicht selbstverständlich. Und wenn dort die Musik wohnt – umso schöner.

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