Operation Ton: Konferenz, Festival und Kollaborationskonfettikanone

Ich liebe es, mich gedanklich durchpusten und in positiver Weise verwirren zu lassen. Für die Hamburger Popszene existiert glücklicher Weise ein Format, das prädestiniert ist für anregendes Kreuz- und Querdenken: Operation Ton. Nach einer einjährigen Pause ist der vom Verein RockCity Hamburg erdachte Mix aus Konferenz und Festival Ende März nun zum zwölften Mal am Start.

Menschen aus der Musikbranche finden bei Operation Ton nicht nur geballt praktische Tipps, sondern vor allem hoch konzentriert Ideen und Inspiration. Fernab von staubtrockener Theorie und Zeigefingerbesserwisserei können sich die Gäste zwei Tage und Nächte lang in eine Art kluges, künstlerisches und kommunikatives Bällebad werfen. Alles so schön bunt. Wo ist oben, wo unten? Glieder lockern sich. Perspektiven verschieben sich. Die Anwesenden beginnen, anders auf die Welt im Allgemeinen und die Popkultur im Besonderen zu schauen.

Um diesen informativen wie angenehm spleenigen Spirit von Operation Ton von Anfang an zu feiern, erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Auftakt stets kleine Tütchen mit amüsantem Krimskrams. Die Nasenflöte aus einem der vergangenen Jahre liegt nach wie vor bei mir im Regal.

Frank Spilker trifft H.P. Baxxter

Ich erinnere mich an zurückliegende Ausgaben von Operation Ton. An ein Grenzen verschiebendes Gespräch zwischen Frank Spilker von Die Sterne und H.P. Baxxter von Scooter über den Weg ins Popgeschäft. Ebenso an einen Jodelworkshop, der ungeahnte Töne aus allen Beteiligten hervorholte. Ich konnte lernen, wie komplex Soundtüftler ihre Geräte verschalten und wie blitzgescheit Künstler ihr Schaffen organisieren.

Vor allem aber lassen sich bei Operation Ton aufgrund der hohen Dosis cooler Leute ganz entspannt Kontakte knüpfen und Komplizen finden. Eine Kollaborationskonfettikanone. Und um diesen Aspekt der Bandenbildung zu betonen, steht Operation in diesem Jahr unter dem Motto „Unity!“.

Operation Ton eröffnet Pop-Klinik im Feldstraßenbunker

Die Veranstaltung ist so etwas wie eine Operation am offenen Herzen des Patienten Pop. Doch statt zu jammern und die Sache mit der Kunst von vorne herein für tot zu erklären, schickt Operation Ton einen elektrisierenden Stromstoß nach dem anderen durch unsere Systeme. Und auch in diesem Jahr stehen diverse Experten bereit, um die Köpfe der Anwesenden ganz weit zu öffnen. Am 29. und 30. März wird der Medienbunker an der Feldstraße zur Pop-Klinik – mit dem Resonanzraum als Hauptoperationssaal.

Pragmatiker-Hits wie digitales Marketing, In-Ear-Monitoring und der Umgang mit Streaming treffen dann auf freigeistige Workshops. So erläutert die britische Musikerin und Komponistin Lydia Kavina etwa, wie sich ein Theremin spielen lässt. Spannend finde ich persönlich auch die Panels zu ökonomischen und politischen Themen sowie zu Zukunftsfragen. Kultursenator Carsten Brosda hält eine Keynote zur Förderung von Musikerinnen und Musikern. Und eine Runde aus Politik, Stadtplanung und Kunst diskutiert am Freitagabend die Frage „Welche Stadt brauchen Musicmakers heute?“

Katja Ruge spricht mit Gudrun Gut, Siri Keil mit Andrea Rothaug

Vor allem lebt Operation Ton aber von dem Reigen an Persönlichkeiten, die da zu erleben sind. So spricht etwa Fotografin Katja Ruge mit Wave-Ikone Gudrun Gut über DIY und Selbstvermarktung. Und um all den Input angemessen in sich rotieren zu lassen, folgen abends jeweils Konzerte, Lesungen und DJ-Sets. Angekündigt hat sich zum Beispiel Chanteuse Dillon mit einem Solo-Piano-Konzert.

Und wer noch mehr über Operation Ton erfahren möchte: Am 24. März spricht meine NDR-Kollegin Siri Keil im neuen Format „Nachtclub ÜberPop“ mit RockCity-Geschäftsführerin und Operation-Ton-Initiatorin Andrea Rothaug. Die Sendung läuft von 23.05 bis 0 Uhr.

29. + 30. März, jeweils ab 11 Uhr:
Operation Ton – Konferenz & Festival, Resonanzraum u. a.

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