„Mein Beitrag“ mit K.ZIA: Privilegien hinterfragen, Communities aufbauen

„Ich sehe es als meinen Beitrag zum Zusammenleben, Brücken zu bauen zwischen Genres und Generationen, zwischen sozialen Gruppen und Ländern. Ich möchte, dass Menschen durch meine Kunst neugierig werden. Auf Musik, auf unterschiedliche Persönlichkeiten, auf verschiedene Regionen der Erde‟, sagt K.ZIA. Eine Aussage, die diese Pop- und Universalkünstlerin absolut vielseitig und bereichernd ausfüllt. Sie selbst bezeichnet sich als Afro-Europäerin. Und dieses Selbstverständnis fließt stark in ihre Songs ein. In kraftvolle wie detailverliebte Videos, in Styling und Artwork. Ihre Musik zu hören und so facettenreich zu erleben, fühlt sich an, als öffnen sich permanent neue Fenster. Frischer Wind und neue Impulse kommen hinein. RnB und Hip-Hop, Englisch und Französisch, Heilung und Aufbegehren.

Als ich mit K.ZIA spreche, befindet sie sich gerade in Paris. Wohnhaft ist sie nach Stationen in Belgien, Frankreich und den USA derzeit jedoch in Berlin. Ich bin sehr froh, dass diese inspirierende Sängerin und Songschreiberin bei meiner neuen Artikel-Reihe „Mein Beitrag‟ dabei ist. Unter diesem Titel nehme ich auf meinem Blog junge Musiker*innen und ihre Auseinandersetzung mit sozialen Themen in den Fokus. Und K.ZIA hat mit „Genesis‟ soeben ein Debütalbum veröffentlicht, das reichlich Anregungen bietet. Das private wie politische Verhältnisse klug reflektiert. Und das vor allem eine äußerst warmherzige Utopie für ein respektvolles Miteinander entwirft. 

„Ich bin mit Eltern aufgewachsen, die meine Kreativität unterstützen‟

In den vergangenen zwei Jahren habe sie viel Introspektion betrieben und sich damit befasst, welche Werte sie in ihrer Musik vermitteln möchte, erzählt K.ZIA. Entstanden ist so etwa der Song „Privilège“, in dem sie verschiedene Ebenen von Privilegien aufschlüsselt. „Zunächst ist es wichtig, dankbar zu sein für die eigenen Privilegien. Ich bin gesund. Und ich bin mit Eltern aufgewachsen, die meine Kreativität unterstützen‟, sagt K.ZIA, die in Brüssel geboren wurde. Ihr Vater ist der aus Martinique stammende Zirkus-Artist Bernard Quental. Ihre Mutter ist die international gefeierte Afro-Pop-Künstlerin Marie Daulne alias Zap Mama, mit der K.ZIA  bereits früh als Backgroundsängerin auf der Bühne stand. 

In ihrer Nummer „Privilège“ wendet sie sich zugleich an all jene, die in weniger privilegierten Umständen aufgewachsen sind. Die von strukturellem Rassismus betroffen sind oder wegen ihrer Identität diskriminiert werden. Sie ermutigt dazu, dennoch gezielt nach den positiven Aspekten im eigenen Leben zu suchen und diese wertzuschätzen. Um Energie daraus zu ziehen. Als Ermächtigung. Als Drittes fordert sie in „Privilège“ dazu auf, dass die weiße Mehrheitsgesellschaft ihre Vorzugsstellung hinterfragt. Es geht darum, sich mit weißen Machtpositionen auseinanderzusetzen. Und mit den Vergehen, die daraus resultieren. In der Geschichte und in der Gegenwart. K.ZIA plädiert dafür, eine neue Balance herzustellen. „Privilège“ ist getragen von einem rastlosen Sound, der stark auf Rhythmus basiert und dunkel brodelt. Eine Nummer, die die kämpferische Seite von K.ZIA zeigt. 

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K.ZIA, fotografiert von Bodi Samba (ebenso das Titelbild)

K.ZIA und ZIA – zwischen Gemeinsinn und Unabhängigkeit

Tatsächlich hat die Musikerin für ihr Album „Genesis‟ zwei Personae geschaffen – K.ZIA und ZIA. K.ZIA ist ein liebender, allumfassender Charakter, der für Selbstfürsorge, Gemeinsinn und Wachstum steht. Musikalisch äußerst sich diese Haltung in englischsprachigen Songs, die sehr viel Wärme ausstrahlen. Die voller Soul stecken. Und in denen K.ZIAs Stimme uns mit sanfter Stärke umarmt. ZIA wiederum ist wild, freigeistig und stolz. Sie ist angetrieben von ihrer Unabhängigkeit. Ihre Sprache ist das Französische. Und sie drückt sich in Songs aus, die von Trap und Afrobeat befeuert werden. Eine spannungsgeladene Dualität. 

Mir gefällt die Idee äußerst gut, auch die aggressiven Anteile in sich selbst zu kanalisieren. Zum Beispiel in Musik und in Tanz, im Schreiben und in der Kunst. Das ist meiner Ansicht nach unabdingbar, um das gesellschaftliche Miteinander ausgewogen zu gestalten. Das Impulsive zu verkörpern, birgt für K.ZIA respektive ZIA auch einen emanzipatorischen Ansatz: „Commando Fanm“ ist ein eingängiger Song von rauer Intensität, den sie mit ihrem Vater geschrieben hat. Und den sie mit ihrer Mutter im Duett singt. Eine Ode an starke Frauen. „In vielen westlichen Gesellschaft wird von Frauen noch erwartet, dass sie sanftmütig und angepasst sein sollen‟, sagt K.ZIA. „Aber manche Frauen sind eben laut, haben kräftige Körper und nehmen Raum ein.‟ Das Lied sei auch flirtiv – im Sinne von: „Männer, seid bereit für diese Frauen.‟ 

„Einen freien Geist zu haben, ist ein absolutes Privileg‟

Zu ihrer Unabhängigkeit gehört für K.ZIA ebenfalls, ihre Musik mit anderen Ausdrucksformen aufzuladen. Bei dem im Senegal gedrehten Video zu „JMFB‟ etwa hat sie selbst Regie geführt. Allein wie sie zu Beginn des Clips als eigensinnige Königin auf gestapelten Plastikstühlen am Strand thront, ist ein großartiges wie eindrückliches Bild. „JMFB‟ ist die Abkürzung für „J’Fais Mes Bails‟, was übersetzt so viel heißt wie „Ich mach meinen Scheiß‟.

Der Song ist eine große Aufforderung dazu, die eigene Einzigartigkeit zu feiern und sich nicht an Erwartungen oder vermeintlichen Standards zu orientieren. Im Englischen gibt es dafür den schönen Begriff „nonapologetic‟. Also: sich nicht (ständig) entschuldigen. „Einen freien Geist zu haben, ist ein absolutes Privileg‟, sagt K.ZIA. „Natürlich bin ich nicht frei davon, eingenommen zu sein von Medien, Gesellschaft und auch meiner Erziehung.‟ Doch ihr Ziel sei es, einengende Konventionen zu entlernen. Also: abkoppeln, in sich gehen, justieren und dann etwas Neues entstehen lassen.

Ein Beitrag, der auf Kultur und Einfühlungsvermögen basiert

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Szene aus K.ZIAs Video zu „Sanctuary“, fotografiert von Bodi Samba

In dem wunderbar leicht driftenden Song „Home‟ entfaltet K.ZIA ihre Idee von einem Ort, an dem sich jede und jeder ganz individuell einbringen kann. „In meiner Kindheit und Jugend habe ich mich häufig als Outsiderin gefühlt. Das Schöne am Erwachsensein ist ja, dass wir es viel mehr in der Hand haben, eine eigene Community zu erschaffen und Verbindungen aufzubauen.‟ In „Sanctuary‟ singt sie davon, einen Safe Space zu gestalten, in dem Menschen sich nicht gedrängt fühlen, ihre Identität ändern oder ihre Authentizität verbergen zu müssen. 

„Bisher existiert dieses Sanctuary nur mental, als State of Mind‟, sagt K.ZIA. In dem Song hat sie eine Art Mission-Statement, ein Mantra eingefügt. Ein steter Reminder an sich selbst: „Love is my ally / gentleness is my tool / my empathy is my shield / emotions are my fuel / dreams are my mission / they spark up my energy / with art as ammunition / and strength my community‟. Mich beeindruckt und berührt, mit welch kraftvoller Ruhe K.ZIA diese Worte vorträgt. Ein Beitrag zum sozialen Gefüge, der auf Kultur und Einfühlungsvermögen basiert.

K.ZIA ist zutiefst davon überzeugt, dass Musik einen großen Einfluss auf das gesellschaftliche Miteinander hat. Deshalb sieht sie sich als öffentlich agierende Künstlerin auch in der Verantwortung, genau zu überlegen, welche Werte sie vermitteln möchte. Die holistisch auf die Welt blickende K.ZIA ist für die Popkünstlerin dabei ebenso eine politische Persona wie die draufgängerische ZIA. Die eine sagt: „Ich glaube an Toleranz‟. Die andere erklärt: „Ich glaube an Freiheit.‟ Für K.ZIA bedeutet das: unterschiedliche Energien, aber letztlich eine Botschaft.

„Mein Beitrag“ mit Dunya: Natur und Miteinander erkunden

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