„Plattkinner“ von Wiebke Colmorgen: Pop schnacken

Wenn jemand, mit dem ich mich freundschaftlich verbunden fühle, an einem Projekt arbeitet, fiebere ich automatisch mit. Von daher bin ich sehr gespannt und auch ein wenig stolz, diese Woche zum Releasekonzert des Buchs „Plattkinner“ zu gehen. Wiebke Colmorgen hat beim kleinen feinen Hamburger Verlag Junius dieses Songbook mit Kinderliedern auf Plattdeutsch herausgebracht. Und um die Veröffentlichung zu feiern, hat sie stilecht in die Hanseplatte geladen, den Plattenladen für Musik aus Hamburg.

Plattkinner, Buch, Plattdeutsch, Plattdeutsches Buch des Jahres 2018, Wiebke Colmorgen, Hardy Kayser, Tanja Esch, Songs, Pop, Platt, Hanseplatte, Illustraion, Musik, Kinder, Hamburg Wiebke ist für mich ein norddeutsches Original für die heutige Zeit. Also ein Rolemodel im besten Sinne. Im Vorwort („Wat vörweg“) zu „Plattkinner“ erzählt Wiebke, dass sie auf einem Bauernhof in Schleswig-Holstein aufgewachsen ist. Und wer das Glück hat, sich länger mit ihr zu unterhalten, kann viele lustige und auch nachdenkliche Geschichten von ihr hören. Über das Leben auf dem Dorf. Aber auch über die Sehnsucht nach der großen Stadt.

Wiebke arbeitet einerseits als Sprachförderkraft in einer Kindertagesstätte, andererseits spricht sie zum Beispiel die plattdeutschen Nachrichten beim Radiosender NDR 90,3. Und sie ist ein richtiges Popkulturgewächs, hat beim Label gearbeitet und einen tolle Interviewreihe mit Musikern geführt. All diese Leidenschaften sind spürbar in die „Plattkinner“ geflossen. Und all diese Facetten verkörpert Wiebke auch bei der Sause in der Hanseplatte.

Mit Gitarrist Hardy Kayser hat Wiebke die Songs für Kinder geschrieben

Im blau-weißen Seemannshemd samt Gummistiefeln steht sie zwischen Plattenregalen und Hamburg-Artikeln wie Tassen und T-Shirts, um ihre plattdeutschen Lieder zu singen. Unterstützt wird sie dabei von Hardy Kayser an der Gitarre.

Plattkinner, Buch, Plattdeutsch, Plattdeutsches Buch des Jahres 2018, Wiebke Colmorgen, Hardy Kayser, Tanja Esch, Songs, Pop, Platt, Hanseplatte, Illustraion, Musik, Kinder, HamburgDer Hamburger Musiker und Songschreiber hat bereits mit Künstlern wie Ina Müller, Annett Louisan, Gustav Peter Wöhler, Ernst Kahl und Rocko Schamoni gearbeitet. Und gemeinsam mit Wiebke hat er die zehn Lieder geschrieben und komponiert, die „Plattkinner“ als CD beiliegt – mit Gesang sowie als Instrumentals. Denn das Ziel ist es, Klein und Groß zum Mitsingen zu animieren. Sei es bei einem swingenden Stück wie „Hey, Maccaroni“ oder bei einer countryesken Nummer wie „Ohauerha“.

So’n Schiet, Schietwedder und Schietbüddel

In „Plattkinner“ sind die Songs auf Platt mit Noten abgedruckt. Zudem gibt es eine deutsche Übersetzung und Begriffserklärungen. Zum Beispiel zum Wort „Plattdüütsch“. Oder zu Folgendem: „So’n Schiet darf man auf Hochdeutsch nicht sagen. Op Platt geht das aber, weil es netter klingt. Man kennt das Wort Schiet auch von Ausdrücken wie Schietwedder oder Schietbüddel, der sogar als nettes Kosewort gebraucht wird.“

Derlei Ausführungen gefallen mir äußerst gut, denn das Thema Plattdeutsch wird nicht dogmatisch mit dem Zeigefinger präsentiert, sondern locker und spielerisch. Wiebke möchte die Sprache ihrer Familie einfach unverkrampft in den heutigen Gebrauch integrieren und so für weitere Vielfalt sorgen. Zu diesem Zweck veranstaltet sie auch Lesungen und Konzerte in Schulklassen und Bücherhallen. Und dass Wiebke gut mit Kindern kann, springt in der Hanseplatte sofort über.

Plattkinner, Buch, Plattdeutsch, Plattdeutsches Buch des Jahres 2018, Wiebke Colmorgen, Hardy Kayser, Tanja Esch, Songs, Pop, Platt, Hanseplatte, Illustraion, Musik, Kinder, HamburgBrav sitzen die Kleinen vorne auf dem Boden, während die Erwachsenen von hinten über ihre Köpfe gucken. Wiebke und Hardy starten, verstärkt durch die jungen Sängerinnen Matilda und Clara, mit dem sehr schönen, leicht schunkeligen Chanson „Parlez-vous Platt“.

Zu „Kiek mal“ – halb Rock, halb Rap – können die Kinder mitmachen

Wiebke singt mit heller warmer Stimme und schaut ihr kleines Publikum sehr aufmerksam an. Die lauschen andächtig, dürfen später aber auch richtig mitmachen. Zu „Kiek mal“ – halb Rock, halb Rap – hat sich Wiebke eine Choreografie ausgedacht. Und nicht wenige Kinder stehen auf, um mitzutanzen und mitzusingen.

Musik für Kinder hat ja in den vergangenen Jahren einen unglaublichen Boom erlebt. Deine Freunde machen Hip-Hop, Krawall und Remmidemmi. Und die Band Randale zeigt den Kids, wie Hardrock funktioniert.

Eigensinnige Figuren von Illustratorin Tanja Esch

Die „Plattkinner“ sehe ich mit ihrem akustischen Flair am ehesten in der Nähe von „Unter meinem Bett“. In der Musikreihe spielen Künstler wie Bernd Begemann, Gisbert zu Knyphausen und Desiree Klaeukens eigens gedichtete Stücke für Kinder.

Plattkinner, Buch, Plattdeutsch, Plattdeutsches Buch des Jahres 2018, Wiebke Colmorgen, Hardy Kayser, Tanja Esch, Songs, Pop, Platt, Hanseplatte, Illustraion, Musik, Kinder, HamburgBei „Plattkinner“ kommt als Bonus hinzu, dass viele plattdeutsche Begriffe schlichtweg lustig klingen und daher – nicht nur – für Kinder besonders faszinierend sein dürften. Namen wie „Klaus Kleckerkluemp“ und „Silke Snappsnuut“ zum Beispiel.

Zudem ist das Buch prall gefüllt mit entzückenden Bildern von Illustratorin Tanja Esch. Ihre Figuren besitzen einen eigensinnigen Charme. Ausdrucksstarke Persönlichkeiten, die die kleinen Leserinnen und Leser nicht für dumm verkaufen. Zu sehen sind ihre farbenfrohen Charaktere derzeit auch im Schaufenster der Hanseplatte. Nicht wenige Erwachsene sind vor dem Laden bei Waffeln und Getränken ins Plaudern geraten, inwiefern sie selbst oder ihre Eltern früher Platt gesprochen haben. „Plattkinner“ ist daher auch ein Buch, das Generationen verbindet – mit Musik und Humor, mit Liebe zum Platt und zum Pop.

„Plattkinner“ ist plattdeutsches Buch des Jahres 2018

Kein Wunder, dass das Institut für niederdeutsche Sprache und die Carl-Toepfer-Stiftung „Plattkinner“ soeben zum plattdeutschen Buch des Jahres gekürt hat. Das freut mich riesig. Glückwunsch, Wiebke – toll gemacht!

Weiterhin schön und gut und aktuell aus Hamburg:
Poems For Jamiro: „Human“ (Schwesterherz)
Neonschwarz: „Clash“ (Audiolith Records)
Patrick Siegfried Zimmer: „Memories I – X“ (PSZ Recordings)

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