Corona: Wie du die Musikszene jetzt unterstützen kannst

„Und ich hab mich entschieden / ich werde alles dafür geben / für ein gutes wildes Leben.
(Tilman Rossmy und Dirk von Lowtzow: „Dieses gute wilde Leben“) 

Für uns, die wir Popkultur lieben, gehört es unbedingt dazu: sich glückselig in den Armen liegen, schwitzend tanzen, Blicke und Biere tauschen, Hände schütteln und Wangen aneinanderdrücken, das Offene und Bunte feiern, das Wilde und Verletzliche zelebrieren, zusammen singen und durchdrehen, crowdsurfen und die Musik emporheben, Oberflächen anfassen und uns tief berühren lassen. 

Musik verbindet, erst recht in den Zeiten von Corona

Nun hat sich die Lage bezüglich des Corona-Virus in den vergangenen Tagen hierzulande massiv verändert. „Social distancing“ ist das neue Schlagwort. Und auch bei mir haben sich Einstellung und Verhalten aufgrund der Ansagen von Medizinern und Behörden in dieser Woche gewandelt. Von „normal verhalten und Hände waschen“ hin zu der Frage: Wie kann ich mich und andere schützen? Wo gehe ich hin und wie viele Leute werden dort sein? Was ist vernünftig?

Um die Ansteckungsgefahr mit dem Corona-Virus zu verringern, pausiert auch in Hamburg derzeit an vielen Orten das kulturelle Leben. Es hagelt Absagen von Konzerten, Parties und Tourneen. Gerade für Akteure, Musikerinnen und Künstler ohne die Unterstützung von Staat oder Großunternehmen kann die Situation sehr schnell existenziell bedrohlich werden. Deshalb ist nun Solidarität gefragt. Damit aus „Social distancing“ keine Isolation der Herzen wird. Und damit das gute wilde Leben nicht langfristig verschwindet. Denn Pop, Clubs, Konzerte, Kultur, DJ-Sets, Tanzen, Raven, Feiern bedeuten: Freiheit. Vor allem aber: Musik verbindet. Auch mental. Emotional. Und genau diese Energie brauchen wir in unserer Gesellschaft. Immer wieder und jetzt erst recht. 

Daher hier sechs Vorschläge, wie sich die Musikszene in Zeiten von Corona unterstützen lässt:

1. In Da Clubspende

Du hast die Karten vom Konzert bereits vor Wochen gekauft? Und du hast das Gefühl, dass Du das Geld nicht gerade dringend selbst benötigst? Dann gib das Ticket nicht zurück, sodass das Geld dem Veranstalter als Kompensation erhalten bleibt. Danach kannst du dir das Ticket voller Stolz unters Kopfkissen legen und von der nächsten wilden Clubnacht träumen.

2. Shop around the clock: Merchandise und Tonträger kaufen

Du hockst zuhause im Corona-Einsiedelquartier und denkst: Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, die Garderobe via Online-Shopping aufzustocken? Dann gehe nicht über Los und nicht auf die großen Plattformen, sondern begib dich geradewegs zum Online-Shop Deiner Lieblingsband und Deines favorisierten Clubs. Decke dich ein mit Shirts, Mützen und 1 a Hamsterkauf-Beuteln. Kaufe Poster und Prints, um dein Quarantäne-Quartier zu schmücken. Und, da war doch was, genau: Tonträger. Bestelle Platten, CDs und Tapes, um deinen Support  und deine Liebe auszudrücken. 

3. Stream a little dream with me

Dir fällt daheim die Decke auf den Kopf? Dann bietet es sich immer an, eine Runde durch die eigene Bude zu tanzen. Du hast zwar brav Tonträger gekauft (Punkt 2). Aber da Klicks und Hits und Verweilzeiten dieser Tage eben eine eigene Währung sind und (zumindest ein wenig) Geld bedeuten: Gehe auf Streamingplattformen und steuere die Band an, die du unterstützen möchtest. Oder entdecke direkte noch mindestens zwölf neue Darlings. Abonniere YouTube-Kanäle. Verteile noch mehr Facebook- und Instagram-Herzen als sonst. Erstelle Playlisten mit jenen Bands, die Gehör finden sollen. Dann: aufdrehen, abgehen und das Internet seine Zählarbeit machen lassen. 

4. Get the watchparty started

Du bist traurig, deine liebste Musikerin und einen voller Vorfreude erwarteten Popkünstler nicht live sehen zu können? Wie schön wäre es, das Internet neben all den Corona-Nachrichten mit Musik zu füllen. Die Idee: Bands, Sängerinnen und Musiker streamen ihre Konzerte und Sets von zuhause aus oder aus dem Proberaum in die sozialen Medien. Clubs zeigen Konzerte online. Diese Watchparties kombinieren sie dann mit einem Vergütungsmodell, zum Beispiel über die Spendenfunktion bei Facebook. Wenn alle Zuschauerinnen und Zuschauer einen Euro pro gespieltem Song geben würden, wäre schon einiges gewonnen. Und die, die gerade keine Kohle übrighaben, könnten die Show mit positiven Kommentaren befeuern. Denn zusammen ist man weniger allein.
Ob solche Aktionen unter dem Gema-Radar fliegen oder die Verwertungsgesellschaft da mal alle Augen zudrücken könnte, müsste geklärt werden. Was mich zu meinem nächsten Punkt bringt.

5. Information, Baby!

Du möchtest auf dem Laufenden bleiben, wie du der hiesigen Musikszene helfen kannst? Hamburger Pop-Institutionen wie das Clubkombinat, RockCity und die Interessengemeinschaft Hamburger Musikwirtschaft bemühen sich derzeit, auf die Situation der Branche während Corona aufmerksam zu machen. Sie koordinieren und unterstützen, sie liefern  rechtliche Informationen und bemühen sich, eine valide Faktenlage zu schaffen. RockCity ermittelt zum Beispiel gerade in einer Blitzumfrage, in welchem Ausmaß Musikerinnen, Bands, DJs, Veranstalter, Bookerinnen, Clubbetreiber und Festivalorganisatoren von der Corona-Krise betroffen sind. Der Verein erfragt etwa, wieviele Absagen einen Künstler bereits ereilt haben und wie hoch der vermutliche Schaden ausfällt. Diese Fakten sind wichtig, um bei den Regierungen von Bund und Ländern konkrete Summen zur Hilfe einfordern zu können.  

6. Ich glaub‘ noch immer an Solidarity City

Du möchtest, dass „die da oben“ auch an die Popszene denken und nicht nur an die Auswirkungen auf den Dax mit X? An verschiedenen Stellen wurden Bund und Länder bereits dazu aufgerufen, in Zeiten von Corona vor allem freiberufliche Musiker, Popkünstlerinnen sowie Akteure aus der Branche zu unterstützen. Und Kulturministerin Monika Grütters hat bereits Hilfe zugesagt. Aber es ist gut und wichtig, mit Nachdruck zu zeigen, dass Kultur keine Nebensache ist, auf die sich langfristig verzichtet lässt. Auf der Seite Openpetition läuft derzeit zum Beispiel ein Aufruf des Sängers David Erler mit folgendem Ziel: „Hilfen für Freiberufler und Künstler während des Corona-Shutdowns“. Also: Suche dir einen Appell, den du für sinnvoll hältst, und zeige Flagge für die (Pop)Kultur.

Und überhaupt: Umarmt euch im Geiste und wascht euch die Hände, lasst eure Herzen weiter wild pochen und feiert die Musik. 

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