Warum am ersten Tag in Seoul nicht direkt ein Musikfestival besuchen? Ich kaufe mir also beim 7-Eleven-Convenience-Store eine T-Money-Card für die Subway. Verziert mit drei niedlichen Charakteren der Line Friends, einer vom Designer Kang Byeong Mok entwickelten Cartoon-Reihe. Popkultur steckt in Korea in jedem Detail. Einmal die Karte aufs Drehkreuz aufgelegt. Und los geht die Fahrt ins super hippe wie gehypte Stadtviertel Hongdae. Auf zur Mu:con! Organisiert wird diese Kombination aus Musik-Konferenz und Showcase-Festival von der KOCCA. Die Korea Creative Content Agency ist eine öffentliche Einrichtung, die dem Ministerium für Kultur, Sport und Tourismus untersteht. Sie wurde 2009 mit dem Ziel gegründet, Koreas Popkultur in den Bereichen Musik, Mode und Entertainment zu fördern. Das Aushängeschild Mu:con ist eine Art Reeperbahn Festival. Nur kompakter und zeitlich anders sortiert. Zunächst treffen sich Business-Profis für drei Tage zu Matchmaking und Paneldiskussionen. Dann folgen Konzerte an zwei Abenden und drei Locations in Hongdae.
Ich erwische nach meiner Ankunft in Korea gerade noch den zweiten Showcase-Abend.Und direkt entdecke ich ungemein tolle wie vielfältige Musik. Meine musikalische Erkundungstour beginnt bei einer Location mit dem eingängigen Namen Shinhan Card Sol Pay Square Live Hall. Eine Konzerthalle mit einer Kapazität von gut 800 Personen. Unten vor der Bühne warten bereits zahlreiche Fans. Als Delegate werde ich allerdings sofort auf den bestuhlten Balkon geführt. Zudem wird mir eine Flasche Wasser gereicht. Sehr angenehm. Ich setze mich in die erste Reihe und habe somit einen guten Blick auf das Geschehen. Zunächst wundere ich mich, dass direkt unter mir ein Produktionsplattform mit acht Leuten und fünf Workstations aufgebaut ist. Doch als ich den guten Sound höre und vor allem die vielen beeindruckenden Visuals sehe, wundert mich dieses Aufgebot nicht mehr.
K-Pop-Newcomer Pagaehun: Riesenrad & Feuerwerk auf der Bühne
Kurz vor dem Start werde ich noch freundlich begrüßt von Jun Yeong, der seit 2018 für die KOCCA arbeitet. Wir hatten uns vor einigen Tagen bei der koreanischen Reception, dem Mu:con Mixer, auf dem Reeperbahn Festival 2024 kennengelernt. Vorgestellt hatten mich ihm die freundlichen Menschen von der Hamburger Agentur Pop-up Records. Pop ist ein people’s business. Und ich finde es absolut fantastisch, wenn sich diese Verbindungen über den gesamten Globus ausbreiten.
Der Showcase beginnt mit Pagaehun. Ein K-Pop-Newcomer, der erst vor weniger als einem Jahr bei der Firma ATCM debütierte. Mir gefallen seine hyper eingängigen Popsongs ausgesprochen gut. Er tritt mit vierköpfiger Band auf. Und stilistisch reicht sein Konzert von der super emotionalen Ballade bis zum rockigeren „Play With Me“. Mit mal melancholischem Vibe und stets höchst melodisch. Wirklich begeistert bin ich von den LED-Projektionen auf der Bühnenhinterwand. Manche mögen monieren, dass so viel Optik von der Band und ihrem Wirken ablenken könnte. Aber wie da die Animationen passend auf die einzelnen Songs abgestimmt sind, ist im wahrsten Sinne des Wortes großes Kino. Von einem Riesenrad über Street Art bis hin zu einem fulminanten Feuerwerk. Und wir sprechen hier wohlgemerkt nicht von einer Arena-Show, sondern von einer mittelgroßen Location.
Animal Divers mit hypnotischer „Electronic World Music“ & Lasershow
Wie schon bei der Show von IVE in Berlin im Juni fällt mir auf, dass die Musiker*innen sehr viel kommunizieren. Aber wo sind die Untertitel, wie ich sie von Drama-Serien aus Korea gewohnt bin? Egal, der Charme transportiert sich auch so und ist in der Regel sehr warmherzig wie aufmerksam.
Musikalisch gänzlich anders geht es weiter mit Animal Divers. Das 2017 in Seoul gegründete Duo bezeichnet seinen Sound selbst als „Electronic World Music“. Handpan und Didgeridoo korrespondieren da mit E-Gitarre, Keyboard und Electronica. Ein hypnotischer bis ultra tanzbarer Sound, der mehr Techno als Ethno ist. Und gemeinsam mit grafischen Visuals und Lasershow (!) entfesselt Animal Divers einen wilden Sog, der mich sehr gut mitnimmt. Einen schönen Kontrast bildet dann Hey Men. Seit acht Jahren macht diese Band aus Korea gemeinsam Musik. Dabei kombinieren sie reichlich Rock mit Rap, poppigen Elementen und catchy Mitsing-Phrasen.
Werbung in den Umbaupausen & ein Wiedersehen mit Indie-Band Cotoba
Die einzelnen Auftritte des Mu:con-Showcase sind im Schnitt 30 Minuten lang. Und die Umbaupausen dauern stets nur einige Minuten. Alles geht flott über die Bühne. Und zur Überbrückung laufen Werbespots, zum Beispiel von Spotify oder Bose. Kommerzielle Berührungsängste sind offenbar weniger vorhanden als in Deutschland. Obwohl da zum Beispiel beim Hurricane ja auch mittlerweile Werbung in den Pausen läuft. Eine Alternative, die zumindest zu überdenken ist bei den aktuellen Preisexplosionen und Nöten in der Live-Branche.
Für mich gibt es dann ein schönes Wiedersehen mit der wunderbaren Band Cotoba aus Seoul. Ihr elegischer, rauer und einfallsreicher Indie- und Post-Rock hat mich 2023 bereits auf dem Reeperbahn Festival beim Showcase der KOCCA überaus eingenommen. Dafne, Dyon Joo, Hyerim und Minsuh begrüßen ihre Fans auf Koreanisch, Japanisch, Englisch und — weil sie bald in Mexiko auf Tour gehen — auch auf Spanisch. Wow!
Numori, The Solutions & Einblick in globale Musikmärkte beim Networking
In Hongdae ist es mittlerweile dunkel geworden. Und das nächtliche Treiben an diesem Freitagabend verdichtet sich zusehends. Einige Gehminuten weiter sehe ich in der Musinsa Garage, einer cleanen Keller-Location, noch den letzten Song von Numori. Ein fulminater Hybrid-Sound aus K-Pop, Rock und traditionellen Klängen aus Korea. Inklusive der zwei-felligen Trommel Janggu. Mit dem Konzert von The Solutions in der dritten Locations, dem Hongdae Café, endet meine musikalische Tour über die Mu:con. Das Quartett spielt seit 2012 zusammen und ist bei dem Label Happy Robot Records unter Vertrag. Ihr Indie-Rock erinnert mal an Manchester Rave, mal an Alternative- und Grunge-Bands aus den USA.
Kurz vor dem Finale mit The Solutions besuche ich noch das Networking-Event der Mu:con oben im Hongdae Café. Mit einem leckeren Buffet und drei verschiedenen Biersorten vom Hahn zur Selbstbedienung. Dort lerne ich unter anderem Natasha Chu kennen, die in Taipeh die auf Rock spezialisierte Konzerthalle The Wall Live House betreibt. Wir unterhalten uns darüber, wie sich ihr Venue und die Livemusik von der Pandemie erholt hat. Und wie wichtig für ihr Booking die Musikszenen und Märkte in China und Südkorea sind. Tag eins in Seoul. Und ich fahre zurück zu meinem Apartment. Angefüllt mit Geschichten und Eindrücken. Und mit Musik.
Noch bin ich herzerfüllt vom Norden Festival in Schleswig, das ich vier Tage lang moderieren durfte. Und schon liegt das Reeperbahn Festival an. Das heißt: sehr viel Musik, sehr viele Menschen.Für mich ist das jedes Jahr ein überbordender wie erfüllender Mix an Input, Inspiration und Austausch mit vertrauten, neuen und lieben Leuten. In Zahlen bedeutet das für 2024: 45.000 Musik-Fans erleben 480 Konzerte sowie 40 Lesungen, Live-Podcasts und Ausstellungen in vier Tagen und Nächten in Hamburg. Zudem 240 Programmpunkte bei der Konferenz mit 400 Speaker*innen aus 52 Nationen. Wow. Speaking of Reizüberflutung. Also erst einmal locker rein und bei bestem Wetter hin zum Festival Village auf dem Heiligengeistfeld auf St. Pauli. Was mir sofort auffällt: Es sind viele junge Leute am Start zwischen Bühnen und Flatstock-Posterausstellung, zwischen Skateboard-Halfpipe und 3D-Druck-Container. Das liegt unter anderem daran, dass die Jugendkultur-Konferenz TINCON mittlerweile an das Reeperbahn Festival angedockt ist. Ein kluger Zug.
Diskutiert die Branche doch aktuell intensiv die Frage: Wie lässt sich das junge Publikum nach der Erfahrungslücke der Pandemie-Jahre und in der aktuell herausfordernden Krisenlage wieder für Popkultur begeistern. Und zwar sowohl für den Besuch von Konzerten, Festivals und Club-Veranstaltungen, als auch für ein Berufsleben im Pop-Business. Beim Panel „Generationswechsel in der Musikbranche“ erzählt etwa Ralph Christoph, Gründer der c/o pop in Köln, wie sie ihre Convention nach Corona gezielt auf junge Menschen ausgerichtet haben. Und wie es auch schlichtweg die Aufgabe älterer Profis ist, engagierten Nachwuchs zu finden und diesen einzubinden. Es geht also darum, Know-how weiterzugeben und zugleich auf junge Perspektiven zu vertrauen.
Wo steht die Branche und welche Aufgaben gilt es, in Zukunft anzugehen?
Die Themenpalette der Talks beim Reeperbahn Festival reicht von Nachhaltigkeit bis KI, von Machtmissbrauch in der Musikbranche bis zur Repräsentation von Menschen mit Migrationsgeschichte, von Resilienz im Pop bis zu politischem Engagement in Zeiten des Rechtsrucks. Eine tolle Bandbreite.
Ein starker Fokus liegt in diesem Jahr auf der übergreifenden Frage: Wo steht die Branche derzeit und welche Aufgaben gilt es, in Zukunft anzugehen? Diskussionsgrundlage ist dabei die zum Reeperbahn Festival frisch veröffentlichte Studie „Musikwirtschaft in Deutschland 2024“. Daher kommt das im Titel dieses Blogposts wegen der schönen Alliteration etwas salopp angekündigte „Cash“. Es geht also um Geld, Gewinne, Ökonomie, vor allem aber um die Lebensgrundlage von fast 156.000 Erwerbstätigen, die von der Popbranche leben. Also auch um: faire Bezahlung.
Laut der Musikwirtschaftsstudie sind die Umsätze von 2019 bis 2023 von 14,8 auf 17,4 Milliarden Euro gestiegen. Ein Zuwachs von 18 Prozent. Die Ergebnisse zeigen also erst einmal, dass die Musikbranche nicht nur ein kulturell wichtiger Faktor in der Gesellschaft ist, sondern auch ein ökonomischer. Beim Get-Together „Soundcheck Hamburg“ erklärt Kultursenator Carsten Brosda allerdings auch, dass die Erlöse innerhalb der Branche gerechter verteilt werden müssen. Sodass das Geld auch tatsächlich bei den Musikschaffenden ankommt. Das heißt: die Zahlen sehen nicht für alle gleichermaßen so rosig aus, wie auf den ersten Blick vermuten lässt.
Deep Dive in die Studie „Musikwirtschaft in Deutschland 2024“
In dem Panel „Alles ist Zahl“, das ich auf dem Reeperbahn Festival moderiere, machen wir mit einer toll besetzen Runde noch einmal einen Deep Dive hinein in die Studie. Birgit Böcher vom Verband Deutscher Musikverlage und Georg Sobbe vom Bundesverband der Musikindustrie betonen, wie wichtig diese Zahlen sind, um sich auch gegenüber der Politik als einflussreiche Größe zu positionieren. Christian Gerlach von der Veranstaltungsagentur Neuland und Musikmanagerin Tina Krug (Honey & Spice) geben spannende Einblicke in ein immer zahlengetriebeneres Arbeiten – von der Streaming-Analyse bis zu Ticketverkäufen. Ihre Devise: Zahlen für die eigenen Strategien nutzen. Aber zugleich Ruhe bewahren. Und vor allem an die Artists und ihre Entwicklung glauben.
Der Tenor insgesamt: Durch Corona ist der Branche der Wert valider Zahlen noch einmal bewusster geworden. Zum Beispiel wenn es um die Legitimierung von Förderungen geht. Und die Musikwirtschaft ist insgesamt enger zusammengerückt. Der große Wunsch ist daher, nicht zu dem „Hauen und Stechen“ der vorpandemischen Jahre zurückzukehren. Sondern: Trotz Preisdruck und Inflation in und zwischen den Teilbereichen vom Instrumentenhandel bis zu Recorded Music besser zu kooperieren und zu kommunizieren.
Keychange-Studie zur Geschlechtergerechtigkeit stimmt nachdenklich
Und noch eine wichtige Umfrage wird im Zuge des Reeperbahn Festivals veröffentlicht: die dritte Keychange-Marktforschungsstudie zur Geschlechtervielfalt im deutschen Musikmarkt. Die Ergebnisse stimmen nachdenklich: FLINTA* (Frauen, Lesben, Inter-, Trans- & Agender) glauben noch nicht an eine Chancengleichheit in der Branche. „Die befragten Akteur*innen bewerten die Situation weiterhin überwiegend kritisch, zum Teil sogar kritischer als bei der Studie vor drei Jahren“, erklärt die Initiative Keychange, die sich seit Jahren für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Popindustrie einsetzt.
Ein weiteres Resultat: „In Bezug auf gesundheitliche Themen wie Menstruation und Menopause ergab die Studie, dass knapp vier von zehn der Befragten Einschränkungen in ihrem Berufsleben wahrnehmen, in den meisten Unternehmen aber nicht offen darüber gesprochen wird.“ Ich sag mal so: Luft nach oben.
Konzerte von Bibi Club bis Pip Blom, von Moonpools bis Beth McCarthy
Wo Keychange allerdings bereits sicht- und hörbare Erfolge zu verzeichnen hat, ist die Repräsentation von FLINTA*-Personen auf den Bühnen. Beim Reeperbahn Festival 2024 erlebe ich, ohne es bewusst geplant zu haben, fast ausschließlich Bands, in denen mindestens eine Frau am Start ist. Bibi Club aus Kanada mit ihren Indie-Pop-Oden zwischen Schreddern und Schwelgen. Soffie mit starker Stimme, klarer Haltung und ihrer Utopie „Frühling“. Pip Blom aus den Niederlanden, die nachmittags charmant wie impulsiv in den Molotow-Backyard hineinkrachen. Die Schweizer Shoegaze-Gruppe Moonpools, die druckvoll verträumt den Sonnenuntergang auf dem Spielbudenplatz verstärkt. Die immer wundervoller werdenden Willow Parlo aus Hamburg mit ihrem hypnotischen Dreampop. Oder die höchst show-agile und für den Anchor Award nominierte Beth McCarthy, die mal eben sämtliche Pop-Personas von Avril Lavigne über Pink bis Miley Cyrus in sich vereint und zu etwas Eigenem überhöht.
Das Reeperbahn Festival ist für mich besonders spannend, wenn ich neue Ideen und leidenschaftliche kritische, kluge Menschen kennenlernen kann. Sehr anregend ist zum Beispiel das Panel „Collective Empowerment – von feministischen Musikkollektiven lernen“. Eyob Öder vom Berliner DJ-Kollektiv xcuse:u und Yung Womb von der Hamburger Slic Unit erzählen von ihrem Engagement zwischen Passion und Professionalisierung, zwischen steigenden Preisen und Solidarität, zwischen Clubsterben und eigenen Safe Spaces.
Panel „Wo ist die Crewlove?“ zur Lage von Selbstständigen
Der Wunsch nach Gemeinschaft äußerst sich auch sehr stark auf dem zweiten Panel, das ich auf dem Reeperbahn Festival moderiere. Unter dem Titel „Wo ist die Crewlove?“ rede ich mit tollen Expert*innen über die Lage von Selbstständigen in der Musikbranche. Marcus Pohl, Gründer der Produktionsfirma Artist Alliances, setzt stark darauf, Kompetenz und Selbstbewusstsein der Freelancer*innen in Sachen Preiskalkulation und Verhandlungen zu erhöhen. Sein Credo: nicht um wortwörtlich jeden Preis jeden Job annehmen. Johannes Everke vom Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft fordert mehr Rechtssicherheit seitens der Politik für die Arbeit von Freien.
Eine Möglichkeit für mehr Crewlove und Absicherung möchte Tontechniker Timo Bittner bieten. Mit „viele“ gründet er derzeit eine Genossenschaft, die Technikschaffende fest anstellt. Das soll Entlastung bieten in Sachen Administration und Lohndumping verhindern. Musikerin und Labelbetreiberin Lina Holzrichter wiederum stellt das Artist-Netzwerk D-Popkultur vor, das freien Musiker*innen eine stärkere kollektive Stimme verleiht.
Receptions, Receptions, Receptions vom Hamburg-Haus bis nach Korea
Das Reeperbahn Festival bietet ganz unterschiedliche Ebenen, um sich mit der Musikwelt zu verbinden. Im Hamburg-Haus, das dieses Jahr im Häkken mitten auf dem Kiez beheimatet ist, präsentiert etwa die feine Agentur Backseat ihr Portfolio mit den famosen Musikerinnen Ami Warning und Betti Kruse. Bei strahlender Sonne wiederum tauche ich ein in die wundervolle Diversity-Crowd von RockCity Hamburg. Gemeinsam mit Carsten Brosda schauen sie auf ihre Aktivitäten der vergangenen Monate zurück und geben einen Ausblick auf die Konferenz Operation Ton Ende Oktober 2024. Ich gucke auch beim frühabendlichen Brunch des bayerischen Popverbands vorbei. Und beim „S(ch)nacken mit der Initiative Musik“ geht es dann auf Bundesebene weiter.
450 Acts aus mehr als 30 Nationen treten beim Reeperbahn Festival mit Konzerten in 80 Spielstätten auf. Und diverse Länder richten mit ihren Export-Büros für Musik eigene Receptions aus. Ich besuche seit Jahren auf jeden Fall den koreanischen Empfang, den die Organisationen Mu:con und Kocca gemeinsam mit der Hamburger Agentur Pop up ausrichten. Sehr ausführlich tausche ich mich da aus über eines meiner Lieblingsthemen: K-Pop und K-Culture.
Das neue Musik Treffen Hamburg versammelt die Szene vor der Komet Bar
Neu in diesem Jahr: die Alternativ-Veranstaltung Musik Treffen Hamburg, bei der sich die hiesige Szene und Subkultur in Clubs präsentiert, die nicht am Reeperbahn Festival teilnehmen. Von der Hedi übers Hafenklang bis zum Pudel. Der Empfang des Musik Treffen Hamburg vor der Komet Bar gerät zum freundlichen Who is who vieler toller Personen, die das Musikleben der Stadt am Laufen halten. Allerdings haben Die-Hard-Musikfans auch schon angemerkt, wie schade es ist, dass sie die Konzerte des Musik Treffen Hamburg nicht besuchen können, da sie bereits einen Reeperbahn-Festival-Pass haben. Und zu viel sei eben zu viel. Nächstes Jahr soll es eine Fortsetzung geben. Es bleibt also interessant.
Und sonst? Der an das Reeperbahn Festival angedockte extra Irrsinn: Linkin Park veranstalten mit ihrem Label Warner mal eben eine Drohnen-Show über dem Kiez, um auf ihr neues Album hinzuweisen. Und K.I.Z. starten kurzfristig am Millerntor den Vorverkauf für ihr „Nur für Frauen“-Konzert und sorgen für die wohl längste Schlange bei diesem Festival.
Von Powerhouse Alli Neumann bis Spirit Animal Kate Nash
Zudem drei bis fünf besonders schöne Ereignisse: Charisma-Powerhouse Alli Neumann erhält den Keychange-Inspiration-Award. Und sie spielt im Rahmen des Reeperbahn Festivals in der Elbphilharmonie. Die grandiose Uche Yara, die ich beim Reeperbahn Festival 2023 für mich entdeckt habe, gewinnt den VUT Indie Award als beste Newcomerin. Und Kate Nash ist mittlerweile so etwas wie das Spirit Animal des Reeperbahn Festivals. Am Samstag gibt sie direkt zwei Konzerte. Inklusive Bad in der Menge auf dem Spielbudenplatz und Dirty-Dancing-Einlage in der Großen Freiheit.
Ich muss mich jetzt erst einmal ausruhen, all die Musik und all die Eindrücke wirken lassen und verbleibe inspiriert sowie gelassen mit Lyrics der hinreißenden Betti Kruse: „Alles hat seine Zeit / Und seinen Beat“.
Stets empfehlenswert sind die Artikel und der Content der super sympathischen Menschen von Musicspots, zum Beispiel auf Instagram
Immer wieder begegne ich auf dem Reeperbahn Festival auch Anke vom Blog Nimmst du mich mit, schaut doch mal bei ihr vorbei
Das Hamburger Abendblatt, allen voran mein lieber Kollege Tino, hat auf dem Reeperbahn Festival einen Pop-up-Podcast-Container bespielt und tolle Interviews mit Menschen aus der Branche geführt
Seit längerer Zeit beschäftige ich mich K-Pop, also mit koreanischer Popkultur. Die Musik an sich, die Nutzung des digitalen Raums, Vertrieb, Storytelling, Produkt-Ideen und vor allem die Kommunikation mit den Fans sind so ausgefeilt, dass sich daraus einfach viel lernen lässt für die Musikbranche. Die K-Welle schlägt nicht nur gastronomisch vor allem in hiesigen Großstädten gerade voll durch. Immer mehr koreanische Acts werden von Clubs bis zu großen Hallen gebucht. Nachdem ich von dem Konzert der K-Indierock-Band The Rose im März in der Sporthalle schon schwer begeistert war, wollte ich unbedingt bald eine richtig große K-Pop-Show sehen. Also kaufte ich mir für 115 Euro im Resale eines der (noch günstigeren) Tickets für die südkoreanische Girlgroup IVE (gesprochen wie das englische „I’ve“). Ich bin ein riesiger Fan von Fankultur. Und bereits vor dem Konzert in der Uber Arena in Berlin war die Euphorie überdeutlich zu spüren.
Der K-Idol-Store in der benachbarten East Side Mall wurde ebenso belagert wie der dortige Bubbletea-Shop. Und zwischen den Wasserfontänen vor der Uber Arena posierten die Fans für Selfies oder tanzten für ihre Reels und Stories die Choreografien von IVE nach. Das Sextett hat sich 2021 gegründet und gehört zur vierten K-Pop-Generation. Bei den Kolleg*innen von Laut lässt sich die Geschichte der Gruppe gut und kompakt nachlesen. Das Konzert in Berlin war Teil ihrer ersten Welt-Tournee „Show What I Have“.
IVE in Berlin: aufgeregte und geradezu liebevolle Energie
Das Ambiente in der Arena habe ich als etwas sortierter wahrgenommen als etwa im Vergleich zum Harry-Styles-Konzert im Hamburger Stadion. Was bestimmt unter anderem daran lag, dass der Innenraum ebenfalls bestuhlt war. Allerdings wurde so natürlich auch vorgebeugt, dass junge Fans im Gedränge kollabieren. Die Atmosphäre war aber insgesamt von einer aufgeregten und geradezu liebevollen Energie aufgeladen. Gerade in der jetzigen Zeit berührt es mich besonders, wenn ganz verschiedene und vornehmlich junge Menschen friedlich und passioniert zusammenkommen. Mädchen mit Kopftuch waren da ebenso zu sehen wie Jungs mit Make-up. Alle da. Alles schön.
Vor mir saß ein Mädchen, die während des Konzerts ausdauernd ihren IVE-Lightstick (siehe Titelfoto) schwang, während ihr Vater neben ihr geduldig und mit ruhiger Hand das Insta-Live filmte. Und neben mir hockte ein Mädchen, das ein wenig an Avril Lavigne mit Locken und Brille erinnerte. Sie schrie regelmäßig aus voller Seele. Natürlich besonders zu Beginn des Konzerts. Und die emotionale Wucht, die sich zum Auftakt in der Arena entlud, trieb sogar mir einige Tränen in die Augen. Einfach, weil es so toll ist, derart kollektiv das Leben zu spüren.
Yujin, Gaeul, Rei, Wonyoung, Liz und Leeseo als weibliche Role Models
Das Konzert von IVE in Berlin begann mit dem Song „I Am“, der mir mit seinem theatralen Pop-Appeal super gefällt. Neben Videoleinwänden sowie ab und an einigen zusätzlichen Tänzerinnen fokussierte sich das Konzert für gut 2 1/2 Stunden auf die sechs Künstlerinnen. Ein guter Fokus. Denn Singen, Rappen, Tanzen und bis hinein in das kleinste Augenzwinkern auf den Punkt zu performen, ist ja nun wirklich Show genug. Sehr spannend fand ich die Struktur des Auftritts in vier Akten. Die Outfits wandelten sich dabei von weiß und verspielt bis hin zu schwarz und „bad ass“. Vom Stil her sehr feminin mit Miniröcken, rosigen Wangen und Glitzeraufklebern um die Augen. Kurz gab es eine Passage im Baggy-Look, der für meinen Geschmack gerne noch stärker hätte präsent sein dürfen. Doch die Stärke lag definitiv in der Präsenz und Dynamik der sechs Frauen.
Dass das Publikum da so heftig weibliche Role Models bejubelt, macht mich schlichtweg glücklich. Und mit einigen Cover-Versionen, unter anderem von Spice Girls’ „Wannabe“, wird auch den internationalen Wegbereiterinnen Tribut gezollt. Schön und ungewöhnlich sind auch die ausführlichen Passagen, in denen Yujin, Gaeul, Rei, Wonyoung, Liz und Leeseo sich einzeln vorstellten, über die Songs sprachen und sich bei ihrer Fan-Community DIVE bedankten. Das alles simultan von einer Stimme aus dem Off ins Deutsche übersetzt. Wie sehr K-Pop hierzulande bereits angekommen ist, zeigte auch ein Abschnitt, bei dem einzelne aus dem Publikum mit einer Fan-Cam eingefangen wurden. Im Freestyle sollten sie zu verschiedenen Songs von IVE eine Choreo hinlegen. Und wie akzentuiert, detailreich und leidenschaftlich da getanzt wurde, war wirklich beeindruckend. Ein guter Vibe.
Finale mit Herz-Gesten, Verbeugungen und lautstarkem Kreischen
Musikalisch am energetischsten waren Hits wie „Accendio“, „Kitsch“ und „Baddie“. Und „After Like“ holt mit seinem „I Will Survive“-Sample nicht nur Gloria-Gaynor-Fans ab, sondern auch jene aus Robbie Williams‘ „Love Surpreme“-Phase. Smart. Mit dem impulsiven Icona-Pop-Cover „All Night“, vielen Herz-Gesten, Verbeugungen und lautstarkem Kreischen der Fans endete diese Show. Und auch der garstige Regen, der draußen in Berlin eingesetzt hatte, konnte das Glühen der Fans im Anschluss kaum eindämmen.
„Do I imagine myself dying or dancing?“ Diese Frage notiere ich mir Anfang dieses Jahres. Ich warte auf Biopsie-Ergebnisse. Tod oder Tanzen? Letztlich liegt die Antwort dazwischen. Ein seltener bösartiger Tumor, der erfolgreich herausoperiert wird. Zur Sicherheit mache ich im Frühjahr eine Strahlentherapie. 33 Werktage hintereinander radele ich in Hamburg ins Krankenhaus. Ich arbeite unterdessen weiter. Es lenkt mich ab. Es ist gut, aber auch notwendig. Über Kranksein im Zuge von Selbstständigkeit wird immer wieder zu reden sein müssen. Erst recht im Musik- und Kulturbereich.
Tod oder Tanzen. Letztlich geht es für mich — losgelöst von der unmittelbaren existentiellen Bedrohung — um meine innere Haltung, wie ich der Welt begegne. Bin ich im Drama- und Krisen-Modus oder kann ich mich mit einer gewissen Leichtigkeit ins Leben begeben? Angesichts der persönlichen und globalen Umstände ist der positive Flow reichlich ins Stocken geraten. Im Jahresrückblick: Die Ukraine und Israel. Rechtsruck und Rassismus. Die Erde überhitzt und überschwemmt. Parallel dazu immer wieder die eigenen Energien aktivieren. Heilen. Weitermachen. Sehr viel lesen. Sehr viel Musik hören.
Motto für 2024: mehr tanzen! Wenn dann noch ausreichend Clubs da sind
Bewegte ich mich die meiste Zeit 2023 in einer Art optimistischen Survival-Mode, überkam mich Ende des Jahres zunehmend eine große Erschöpfung. Von Corona zu Cancer. Drei Jahre Pandemie und dann Krebs. Untersuchungen. Behandlungen. Glück im Unglück. Wieder gesund sein. All diese Anstrengungen und Anspannungen rollten nun zeitverzögert durch Geist und Körper.
Mein Motto für 2024: mehr reisen, mehr tanzen. Wenn dann noch ausreichend Clubs da sind, um dies zu tun. Das Jahr war popkulturell betrachtet ohnehin schon erneut herausfordernd. Der Sexismus in der Musikbranche kam mit den Enthüllungen um Rammstein aufs Hässlichste zum Vorschein. Musikschaffende können aufgrund gestiegener Kosten und neuer Spotify-Regelungen künftig noch schlechter von ihrer Kunst leben. Und große Konzerte werden dank irrsinniger Ticketpreise zum Luxusgut. Hinzu kommt in Hamburg zum Jahresende ein unglaublicher Aderlass in der Club-Kultur. Das Pal und die Sternbrücken-Clubs machen dicht. Und überraschend ist dem Molotow zu Mitte 2024 der Mietvertrag gekündigt worden. Tod oder Tanzen? Irgendwie beides.
Wir brauchen Räume, in denen wir uns begegnen und entgrenzen können
Ein Vierteljahrhundert meines Lebens habe ich bisher im Molotow verbracht. Dieser Ort — ob nun die alte Location in den Esso-Häusern oder die neue am Nobistor — ist absolut identitäts- und gemeinschaftsstiftend. Denn wir brauchen reale Räume, in denen wir uns begegnen und entgrenzen können. In denen wir uns tanzend imaginieren und neu erfinden. Wo Musik an den Gefühlen zieht und sie ausbrechen lässt. Bis der Schmerz und das Schöne, die Euphorie und die Zweifel aller sich zu einem wunderbar wirren Tanz zusammenfinden. Ein kollektives Erlebnis, das uns verbindet. Eine Utopie, die uns befeuert. Und für die es sich unbedingt zu kämpfen lohnt.
Popkultur hat mich durch dieses Jahr getragen. Denn zum Glück gab es auch viele positive Entwicklungen und Ereignisse. Mehr Austausch über herausfordernde Themen. Mehr Awareness auf Festivals und in Clubs. Und auch wenn Aufzählungen im Jahresrückblick nicht das Spannendste sind, so möchte ich doch von einigen Highlights erzählen. Denn letztlich dienen sie auch der Selbstvergewisserung. Ich bin noch da. Wir sind noch da. Tauschen uns aus. Wir vertrauen uns. Und reiben uns. Wir gehen weiter.
Im Kino zeigte die Dokumentation über Die Sterne äußerst nahbar die Neujustierung einer Band. Und mit dem Referenzfeuerwerk „Barbie“ wurde im Mainstream wochenlang über Formen des Feminismus diskutiert. Dann noch die zu Dua Lipa tanzende Barbie, die mitten hinein in die Choreo fragt: „Do you guys ever think about dying?“ Check. Und sowieso: „I’m just Ken“. Was für ein Spaß! Toxische Männlichkeit revisited. Ich bin zudem verstärkt abgesunken in Serien. In die Hochleistungsküche von „The Bear“. In die gelebte Diversität von „Sex Education“. Und immer wieder in das einnehmende Storytelling von K-Dramas.
Doch nichts geht über das Live-Erlebnis. Über ganz unterschiedliche Konzerte von unter anderem Robbie Williams, Hauschka, Vicky Leandros, Sigur Ros, Uche Yara, dem Joni Project und Alli Neumann, die ich 2023 erleben durfte. Der Hamburger Kneipenchor feierte ebenso zehntes Jubiläum wie ich mit meinem geliebten Gesangsensemble The Octavers. Im TBA in der Gaußstraße luden wir im Sommer zum Geburtstagskonzert. Eine lauschige Hinterhof-Location. Es leben die kleinen Off-Orte!
Jahresrückblick auf mein berufliches popkulturelles 2023
Immer wieder bin ich enorm dankbar, in meiner Arbeit als selbstständige Journalistin, Texterin und Moderatorin so vielen inspirierenden Menschen zu begegnen. Für Albumbios und Pressetexte habe ich mit großartigen Bands und Pop-Artists zusammengearbeitet. Unter anderem mit der deutsch-türkischen Indie-Formation Engin, mit der wunderbar geheimnisvollen Musikerin June Coco, mit der vielschichtigen Künstlerin Dorothee Möller aka Weesby, mit der immer wieder einfallsreichen Band Mischpoke, mit dem feinsinnigen Duo Fjarill oder mit Deer Anna, deren wahrhaftige Songs ganz tief in einem wirken.
Ich liebe es, mich intensiv über die Kunst auszutauschen und die Musik mit Geschichten zu verbinden.Meine Erfahrungen aus dieser texterischen Arbeit bringe ich seit diesem Jahr auch in Beratungen ein, zum Beispiel mit der tollen Cellistin Stefanie Richter aka Sophie & der Sommer. Zudem durfte ich meine Freundin Sascha Just begleiten, die ihre Dokumentation „Ellis“ über den Jazzmusiker Ellis Marsalis bei Filmfestivals wie der Soundtrack Cologne präsentiert hat.
Dank an die Kolleginnen und Kollegen, die meinen Horizont erweitern
Ich freue mich zutiefst über all die neu entstandenen und gesund gewachsenen Kooperationen. Über die immer neuen Ideen und den langen Atem. Über die Zusammenarbeit mit der Initiative Musik, mit RockCity und Oll Inklusiv etwa. Und auch über die angeregten Diskussionen bei meiner Gremientätigkeit für die Kulturbehörde Hamburg in der Labelförderung und beim Musikstadtfonds.
Mein Dank gilt im Jahresrückblick zudem allen Kolleginnen und Kollegen, die mit ihrem Input immer wieder meinen Horizont erweitern. Zum Beispiel Caro Schwarz vom Online-Magazin Musicspots, Fabian Schuetze vom Newsletter Low Budget High Spirit und Susanne Hasenjäger vom NDR, um nur einige zu nennen. Nicht zu vergessen meine bloggenden Freund*innen Julia Keith von Beautyjagd und Weinspezialist Matthias Neske von Chez Matze. Keine Popkultur im engeren Sinne. Aber wir wollen ja alle hübsch über den eigenen Tellerrand hinausschauen, richtig?
Wenn die Wellen wogen und die Herzen überschwappen
Es geht darum, wieder und wieder ins Gespräch zu gehen. Für meine NDR-Radiosendung Nachtclub Überpop habe ich mich mit KI befasst, mit der Lage von Newcomer*innen und Clubs. Auf Festivals und Konferenzen habe ich Panels zu Popkultur und Politik, Musikbranche und Songwriting moderiert. Und für das Hamburger Abendblatt habe ich nicht nur das Kulturleben der Stadt erkundet, sondern bin mit dem Thema „Harry Potter“ auch in das Podcast-Game eingestiegen.
Ich bin ein riesiger Fan von Fankultur. Deshalb begeistert mich die anhaltende Faszination für diese magische Geschichte ebenso wie die hypermodernen Kommunikationsformen des K-Pop. „Standing Next To You“ von Jung Kook ist vermutlich mein am meisten gehörter Song des Jahres. Dicht gefolgt von Miley Cyrus, die ich ebenfalls hart fangirle. „I Can Buy Myself Flowers“. Survival-Mode ins Positive gedreht.
Diese Hymne funktioniert auch beim Auflegen auf der Barkasse Hedi allerbestens. Die Parties als DJ auf der Elbe gemeinsam mit dem grandiosen Hedi-Team sind für mich große Kraftquellen. Wenn die Wellen wogen und die Herzen überschwappen. Und wenn die Leute dicht an dicht mitsingen. Vor allem wenn alle tanzen. Eine Leichtigkeit. Denn: „Nothing matters when we’re dancing“. In diesem Sinne: ein gutes Jahr 2024!
Silvester halte ich gerne ganz klassisch Rückschau auf das zu Ende gehende Jahr. Ich blättere durch meinen Kalender und schaue, wer und was mich inspiriert und bewegt hat. Nach dem auf vielen Ebenen äußerst herausfordernden Jahr 2022 habe ich erst recht das Bedürfnis, mich ein wenig zu sortieren und auch nach Lichtblicken zu suchen. Für diesen Blogpost möchte ich ein popkulturelles Thema pro Monat vorstellen, das mich besonders begeistert oder zum Nachdenken angeregt hat. Mit dem ich mich beruflich als Journalistin, Texterin und Moderatorin beschäftigt habe. Oder das mich schlichtweg aus Leidenschaft angesprungen hat. Häufig sind die Grenzen da ohnehin fließend.
Januar: sich der Welt öffnen mit Mischpoke
Im Laufe der Corona-Zeit habe ich die Beziehungen in meinem Leben noch einmal intensiver schätzen gelernt. Seien es kurze „Zufallszwischenmenschlichkeiten“, wie die Autorin Katja Kullmann es nennt (mehr dazu im Dezember 2022). Seien es langjährige liebevolle Freundschaften. Oder seien es neue Begegnungen. Im Januar habe ich die Band Mischpoke kennengelernt, die mich für einen Pressetext zu ihrem fünften Album „Heymland“ gebucht hat.
Heimat – was ist das? Ort oder Gefühl? Fragen wie diese verhandelt Mischpoke in einer Mischung aus Klezmer, Jazz, Tango, Weltmusik und Klassik. Fünf starke Künstlerpersönlichkeiten, die sich dem Weltgeschehen öffnen. Nach der Albumveröffentlichung hat Mischpoke das Programm „displaced“ entwickelt — gemeinsam mit der iranischen Autorin Maryam Goudarzi, die über Geflüchtete in Hamburg geschrieben hat. Auch an diesem Projekt haben wir zusammen gearbeitet. Was für ein Geschenk: Wenn neue Verbindungslinien entstehen. Wenn sich neue Räume des Austauschs eröffnen. Wenn es klickt.
Februar: Popkultur im Zeichen des Krieges mit Neonschwarz
In diesem Jahr habe ich Pressetexte und Bios für ganz unterschiedliche Künstler*innen, Bands und Institutionen geschrieben. Besonders markant war für mich die Veröffentlichung des Neonschwarz-Albums „Morgengrauen‟ am 25. Februar – einen Tag, nachdem der Angriffskrieg auf die Ukraine begonnen hatte. Ich habe zum Release einen Talk mit der Band im Gängeviertel moderiert. Als Stream noch unter Corona-Bedingungen. Für mich steht dieser Abend sinnbildlich für eines der prägenden Themen 2022: Kulturproduktion im Zeichen komplexer Krisenlagen. Der Song „Flugmodus“ auf der Platte handelt wiederum von der digitalen Reizüberflutung unserer Tage. Und wie wir uns da herausziehen können. Ich finde, Marie Curry rappt und singt in dem Track besonders grandios.
März: Auflegen im „Winter Wonderland“ auf der Barkasse Frau Hedi
Nach zweieinhalb Jahren habe ich am 31. März 2022 abends das erste Mal endlich wieder auf der Hedi aufgelegt. Permission to dance nach pandemie-bedingter Pause. Allerdings unter besonderen Bedingungen. Noch bevor ich am Morgen meine Vorhänge zur Seite gezogen hatte, ereilten mich auf dem Handy Nachrichten wie: „Und, heute auf dem Eisbrecher unterwegs?“ Hamburg lag auf einmal unter Schnee. Mit weiterem Nachschub von oben.
Also zusätzlich ein paar saisonale Hits eingepackt. Und mit „Winter Wonderland“ und „Sleigh Ride“ starteten wir auf der Barkasse der Herzen zum party-induzierten Schippern über die Elbe. Und endlich konnte ich all das spielen, was sich so angesammelt hat. Mein Eindruck: Diejenigen, die sich durch die Kälte zum Hafen aufgemacht hatten, wollten es dann aber auch so richtig wissen. Was für eine famose ausgelassene Sause. Und wie wunderschön, mit der tollen Hedi-Crew wieder auf den Planken zu schwanken. Danke an Kapitän Rainer, an Nono, Susanne und Johannes!
April: Serien-Ereignis des Jahres mit „Pachinko“
Im Laufe der vergangenen drei Jahre habe ich ein große Passion für koreanische Kultur entwickelt. Angefangen mit K-Dramas, also Serien, die mich im Lockdown in neue Erzählwelten geführt haben. Langsamer und poetischer, aber auch over the top und absolut up to date. Wie sich die Liebe zum Detail, zu Gesten und Nuancen mit einem ultimativen Trend- und oftmals auch Technikbewusstsein verbindet, fasziniert mich sehr. Und begeistert bin ich auch, wie selbstverständlich Popmusik in das Storytelling integriert wird.
Über K-Pop landete ich schließlich auch bei der entsprechenden Literatur, wobei es mir der Roman „Pachinko“ der amerikanisch-koreanischen Autorin Min Jin Lee besonders angetan hat. Sie erzählt äußerst kunstvoll von Lebenslinien, die sich von Korea über Japan bis in die USA erstrecken. Und als ich erfuhr, dass das Buch als Serie verfilmt wurde, fieberte ich dem Release natürlich sehr entgegen. Zumal einer meiner Lieblingsschauspieler, Lee Min-ho, die Rolle des Hansu übernahm. Allein die siebte Episode, in der sich Hansu durch die Wirren des Kantō-Erdbebens von 1923 bewegt, gehört für mich zu den großen und wahrhaftigen Serien-Ereignissen des Jahres. Und über den sehr schönen Vorspann zu „Pachinko“ habe ich den famosen Song „Let’s Live For Today“ von The Grass Roots aus dem Jahr 1967 neu für mich entdeckt.
Mai: auf den Spuren von „Hamilton“ in New York
Als große New-York-Liebhaberin habe ich den Hype um das Musical „Hamilton“ seit 2015 verfolgt. Divers besetzter Cast in einer Hip-Hop-Show über einen der US-Gründerväter. Die Obamas als Megafans. Karten zu utopischen Preisen. Umso euphorischer war ich, dass ich im Mai auf Pressereise in meine Schatzstadt gehen konnte. Die Stage Entertainment führte uns zu den Ursprüngen des Broadway-Erfolgs. Als Vorbereitung auf die deutschsprachige Premiere im Hamburger Operettenhaus im Oktober 2022.
Allein wieder in die Skyline von Manhattan einzutauchen, hat mich schon enorm glücklich gemacht. Highlight der Reise war jedoch der Interview-Nachmittag im Drama Book Shop. Nach den unzähligen Zoom-Calls der Corona-Zeit endlich wieder vor Ort Interviews führen. Und dann unter anderem auch noch mit Lin Manuel Miranda, dem Schöpfer von „Hamilton“. Ein entspannter und absoluter eloquenter Typ. Unter einer voluminösen Bücherinstallation erzählte er davon, wie er einst im Weißen Haus die ersten Verse von „Hamilton“ vorstellte. Definitiv eine Motivation, groß zu träumen. „I am not throwing away my shot“.
Juni: Fan-Energie bei Harry Styles im Hamburger Stadion
Für mich ist Harry Styles einfach der Popstar des Jahres 2022. Omnipräsent, androgyn, freundlich, mit Haltung. Zu „As It Was‟ habe ich im Frühjahr auf meiner ersten richtigen Privatparty seit Corona endlich wieder ausgelassen getanzt. Und fürs Abendblatt habe ich über sein Stadionkonzert in Hamburg geschrieben (siehe Titelfoto). Umgeben von den wunderbaren Kolleginnen Susanne Hasenjäger vom NDR und Katja Schwemmers von der Mopo. Die warme Energie, die die vielen jungen Fans da hergestellt haben, hat mich sehr berührt. Und wie sie bei „As It Was‟ aus voller Seele mitgesungen haben: „Answer the phone / „Harry, you’re no good alone / Why are you sittin‘ at home on the floor? / What kind of pills are you on?‟ Das Thema Mental Health in so einem populären Song anzupacken — mega.
Juli: Clubkultur im Kleinen mit Anoki, Hazlett und Masha The Rich Man
Konzerte in und vor Musikclubs hatten es im Jahr 2022 über weite Strecken nicht leicht. Ein Publikum, das in den Ausläufern der Pandemie noch zurückhaltend ist. Der Krieg und seine Folgen. Fachkräftemangel, Kostensteigerung und Energiekrise (siehe dazu auch meinen Blogpost zur Applaus-Verleihung der Initiative Musik). Doch wie bereichernd gerade die Nähe solcher Konzerte sein kann!
Stellvertretend für die vielen kleinen bis mittelgroßen Shows möchte ich an dieser Stelle die Knust Acoustics auf dem Lattenplatz nennen. Den Berliner Sänger, Rapper und Musiker Anoki hatte ich im April in meiner Blogreihe „Mein Beitrag“ vorgestellt. Und daher habe ich mich außerordentlich gefreut, diesen charismatischen Menschen persönlich kennenzulernen und live zu erleben. Wie er mit seiner Band im Flow war. Wie er sich ins Publikum stellte und zum Mitsingen animierte. „Is ok, is ok, is ok“. Mit dabei waren an diesem Sommerabend auch der Singersongwriter Hazlett, der seine ganze Freundlichkeit in seine Songs goss. Und Masha The Rich Man, die auch einen Folksong aus ihrer ukrainischen Heimat anstimmte. Fühlte sich an wie ein Zuhause.
August: zukunftsweisendes Festival-Erlebnis bei der Pop-Kultur Berlin
Das erste Mal habe ich dieses Jahr das Pop-Kultur Festival in Berlin besucht und darüber hier auf dem Blog geschrieben. Ich war sehr beeindruckt, wie viele tolle Ansätze das Team realisiert hat in Bezug auf Diversität, Inklusion und Ausloten von zeitgenössischer sowie zukunftsweisender Popmusik. Äußerst inspirierend fand ich die Performance der Musikerin Güner Künier, in der sie sich mit den Traditionen ihrer türkischen Familie und ihren eigenen Freiheitsbedürfnissen auseinandersetzt. Im Dezember 2022 ist ihr Debütalbum „Aşk‟ erschienen. Unbedingt auschecken!
September: Reeperbahn Festival zwischen Krisen und Popkulturliebe
Der September steht stets im Zeichen des Reeperbahn Festivals. In 2022 pendelte die Atmosphäre für mich heftig zwischen Krisenszenarien und Popkulturliebe. Diese Gemengelage führte meines Erachtens dazu, dass die Gespräche während des Festivals offener und ehrlicher waren. Die Frage „Wie geht’s?“ reichte schneller in die Tiefe. Sowohl in Einzelgesprächen in Clubs, auf der Straße und beim Networking. Als auch auf den Panels der Reeperbahn Festival Konferenz. Ich war eingeladen, zum Thema „Trusted Transmission“ zu diskutieren. Zusammen mit den wunderbaren Kolleg*innen Dalia Ahmed von FM4, Ruben Jonas Schnell von ByteFM und Maik Brüggemeyer vom Rolling Stone Magazin. Es ging um den Status quo von musikjournalistischen Audioprogrammen. Und warum wir diesen vertrauen. Meines Erachtens führen gerade Podcasts dazu, dass viele bisher ungehörte Stimmen und Meinungen einen Raum finden. Super!
Aber ich finde, dass auch bei diesem relativ jungen Medium noch reichlich Luft nach oben ist. Die Frage ist ja, welche Formate von Firmen und Sponsoren gepusht werden. Sind es die Podcasts, in denen zwei weiße Cis-Dudes ihre Fachsimpeleien ins Internet verlegen? Oder sind es Reihen und Sendungen, die verstärkt auf Vielfalt setzen? Als energische Fürsprecherin für mehr Gendergerechtigkeit habe ich dieses Jahr die Musikerin Charlotte Brandi erlebt. Sowohl künstlerisch bei ihrem tollen Festival-Auftritt im Nochtspeicher. Als auch verbal auf den Panels der Konferenz Operation Ton (siehe November). Im Februar 2023 erscheint ihr Album „An den Alptraum“. Gute Aussichten auf Krawall und Schönheit.
Oktober: Ausgeherlebnisse der Generation 60+ im sanierten Teehaus
Seit 2018 engagiere ich mich ehrenamtlich für die gemeinnützige Initiative Oll Inklusiv. Gegründet von der fabelhaften Mitra Kassai, um Menschen 60+ mit innovativen Kultur- und Freizeitangeboten eine beschwingte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Von Anfang an gehört es zum Konzept, moderne Räume der Stadt zu erschließen. Vor allem Musikclubs, die nachmittags für Konzerte, Lesungen, Tanz und vor allem Klönschnack genutzt werden. Und seit Herbst diesen Jahres hat Oll Inklusiv ein wirklich wunderbares neues Zuhause: das sanierte Teehaus bei der Rollschuhbahn in Planten un Blomen. Mit den Glasfronten fühlt es sich so an, als sitze man unmittelbar im Grünen.
Anfang Oktober2022 war ich das erste Mal an diesem magischen Ort. Bei der Reihe „Erzähl doch mal“ berichteten die Ollen, wie wir sie liebevoll nennen, von ihren früheren Ausgeherlebnissen. In Begleitung von Mutti in den Star-Club (da noch nicht volljährig). Mit der Beat-Band die Szene in Langenhorn aufgemischt. Den Verzehrzwang mit einem Trinkgeld an die Kellner umgangen. Ich hätte noch ewig zuhören können bei all diesen Anekdoten. Wie jung alle im Herzen sind!
November: Workshop zum Bandbio-Schreiben bei Operation Ton
Äußerst gehaltvoll war für mich in diesem Jahr die zweitägige Musikkonferenz Operation Ton, organisiert von dem wie immer top aufgestellten Team von RockCity. Am Samstag gab ich einen Workshop zum Thema Bandbio schreiben. Frei nach Dolly Partons Motto: „Find out, who you are, and do it on purpose“. Meine Lieblingsbeschäftigungen Popkultur und Texten praktisch zu vermitteln, hat einfach unfassbar Spaß gemacht. Mit den geschätzten Kolleg*innen Caro Schwarz vom Blog Musicspots und Sascha Krüger habe ich im Anschluss dann noch 1:1-Beratungen zur eigenen Band- bzw. Artistbio gegeben. Der aufrichtige Austausch, der da jeweils zustande kam, war wirklich sehr bereichernd. Ein Angebot, das ich 2023 definitiv ausbauen möchte.
Dezember: NDR Nachtclub Überpop mit Autorin Katja Kullmann
Im Verbund mit den Kolleg*innen Siri Keil, Henning Cordes und Andreas Moll sowie Redakteurin Angela Gobelin moderiere ich weiterhin die Sendung „Nachtclub Überpop“ auf NDR Blue. Im Dezember nun wurde mein Gespräch mit der Autorin Katja Kullmann ausgestrahlt. Ihr Buch „Die Singuläre Frau“ gehört für mich zu den Lese-Highlights des Jahres. Beschreibt sie doch ausgeruht, amüsant und klug, wie sich das weibliche Sololeben als Daseinsform immer selbstverständlicher durchsetzt. Auf meiner Leseliste für 2023 steht übrigens das Pendant „Allein“ von Daniel Schreiber ganz oben.
Ich hatte Katja Kullmann zum Interview in ihrer Wahlheimat Berlin getroffen und sie als äußerst zugewandte Gesprächspartnerin erlebt. Das Tolle: Sie hatte Songs über freiheitsliebende und alleinlebende Frauen durch die Jahrzehnte hinweg ausgewählt. Los ging’s mit dem hervorragenden „Für die große Liebe hab ich keine Zeit“ von Trude Berliner. Zum Abschluss gab’s Hip-Hop und Grime von Lady Leshurr. Und auch alles dazwischen lässt sich online nachhören.
Nachdem ich 2019 mit reichlich Imposter Syndrome beim NDR eingestiegen bin, habe ich nun das Gefühl, mich langsam hineingefuchst zu haben in die Materie. Eine sehr schöne Bestätigung war diesbezüglich auch die Nominierung für den International Music Journalism Award des Reeperbahn Festivals in der Kategorie Audio. Konkret ging es um meine Radiosendung aus dem März 2022 zum Thema „Klangkörper Frau“ mit der Kulturanthropologin Catharina Rüß. Vielen lieben Dank dafür!
Konfetti, gute Musik und alles Liebe für 2023!
Von Herzen wünsche ich Euch nun ein tiefes Durchatmen nach 2022 und ein gesundes sowie inspirierendes 2023 mit Glück, Erfolg, Offenheit und Liebe — Eure Biggy Pop.
This week, Reeperbahn Festival is happening in Hamburg for the 16th time. Even though it’s the second COVID edition, 25.000 music fans will be able to get together in Hamburg, Germany — including around 1500 delegates. During this four days and nights they will be able to experience live performances from 250 acts as well as talks, art and movies. Since I’ve been following K-pop and K-drama for a while now, I am excited that Korea is this years’ partner country of Reeperbahn Festival. The timing seems to fit perfectly. Since the Korean thanksgiving Chuseok, one of the most important traditional holidays, is celebrated this week. And since Korea’s pop music export number one, BTS, just spoke in front of the United Nations General Assembly on Monday. Shining the light once again on the soft power of hallyu, the Korean wave.
Korea at Reeperbahn Festival — from electro to indie rock
The Korea Spotlight at Reeperbahn Festival presents nine bands and artists, who demonstrate the wide range of Korean pop culture. From electro and avantgarde to folk, indie rock and hip hop. Unfortunately due to the ongoing pandemic, all the Korean acts — Bosudong Cooler, Bryn, CHIMMI, Drippin, hyangni, Idiotape, Kim Sawol, Wedance and THAMA — can only be seen in a streaming event. But I am very happy that I’ve been able to interview Hokyoung Lee, project manager at the Music & Fashion Industry Team of KOCCA, the Korea Creative Content Agency.
KOCCA teamed up with Reeperbahn Festival to build a long-term partnership. The Korea Creative Content Agency is a public institution under the Ministry of Culture, Sports and Tourism and was established in 2009 to promote Korea’s popular culture industry such as music, fashion and drama. KOCCA’s Music & Fashion Industry Team provides various support for the development of the Korean music industry, from discovering new musicians to holding events such as MU:CON, Korea’s premier music showcase festival and conference. And they are facilitating the attendance of artists at overseas events such as Reeperbahn Festival.
In 2014 KOCCA moved from Seoul to Naju in Korea’s south. In addition to this headquarter the agency operates five offices in Seoul and the surrounding metropolitan area, one office in Daejeon, and six international business centers around the world. Of particular note is the KOCCA European Business Center which opened in Paris, France in 2019. Hokyoung Lee and I talked about music export and collaborations, the interpretation of K-pop and the hope for bands to travel normally again soon.
For how long have you been cooperating with Reeperbahn Festival and why is the festival especially interesting for KOCCA to promote Korean pop culture?
KOCCA started participating at the Reeperbahn Festival for the first time in 2017, this year it will be the 5th Korean Spotlight at Reeperbahn. The Reeperbahn Festival is considered a special opportunity where you can meet music industry officials from all over the world in one place. This is an opportunity to showcase our artists in front of people who would not usually get to see them here in Korea. Additionally, KOCCA holds the showcase and conference festival MU:CON in Seoul every fall. This year’s MU:CON will be held from September 30th to October 2nd. And the Reeperbahn Festival is viewed as an important partner festival for MU:CON. There is a good synergy that has been created over the years between us.
Which other cooporations does KOCCA maintain within the German music market?
KOCCA is looking for partners in Germany and the global market that can collaborate in various ways to promote Korean artists to Germany and to introduce German artists to Korea. Last year, I was introduced to Initiative Music, an organization that plays a similar role as KOCCA in Germany through the Reeperbahn Festival, and I was able to invite KIDSØ, a German producer duo, to our MU:CON showcase festival. KOCCA is open to all kinds of collaboration, so please keep an eye on what we are doing and do not hesitate to contact us at any time.
With a lot of focus on K-pop, especially on BTS and their label Big Hit Music / Hype with its innovative marketing strategies: Does this segment of Korean music outshine other acts and genres or is it easier to place indie artists in this stream of global attention?
The definition of K-pop varies depending on the interpreter. But in recent years, K-pop, led by BTS, has achieved great success. And at the same time, they have established themselves as the main faces of K-pop in the global market. However, what I want to say is that K-pop music that actually exists in Korea is much wider and more diverse than K-pop that is recognized overseas. One of the ultimate goals of KOCCA is to continue to introduce this new K-pop music to the world. The kind of K-pop which KOCCA will introduce in the future could be anything from the new face of global K-pop to an entirely new genre of music. Please keep an eye out to see which direction K-pop will develop and evolve towards in the future.
What does it mean for KOCCA, that Korea is this years’ partner country of Reeperbahn Festival?
First of all, I would like to express my gratitude to the Reeperbahn Festival for inviting Korea to be the focus country this year. It is of great significance for KOCCA to be taking part to promote Korea as the host country at the Reeperbahn Festival. Over the past decade, Korea has knocked on the door of numerous global markets and achieved unexpected growth and results. Participation at the Reeperbahn is the first step toward the next decade of Korean music. I would like to ask you to look forward to the new faces that will be introduced by KOCCA who undoubtedly go on to achieve even greater success in the global market.
At Reeperbahn Festival 2021, there are nine Korean acts performing via stream. How did KOCCA select these artists?
The artists were selected by both KOCCA and the representatives from the Reeperbahn Festival. THAMA and hyangni were chosen to participate at Reeperbahn from the artists showcased at MU:CON in the fall of 2020. The remaining seven acts were selected from around 50 artists who applied to perform at Reeperbahn. Each application went through an evaluation process conducted by both KOCCA and Reeperbahn.
I am confident that the nine artists we are presenting this year are promising acts that already have a strong musical foundation here in Korea. And they have been recognized for their potential to expand into the European market. Their showcases can be viewed online and offline at the festival. There will be an offline broadcast of our showcase at the Spielbude stage on the 25th from 13.30 to 15:00. We also have a networking event on the Spatial Chat system for delegates at 12:00 on the 23rd where not only will you have a chance to watch the videos, but also to network with the artists‘ managers as well. Additionally the artist’s videos will be available on demand through the Reeperbahn official website throughout the duration of the festival.
What kind of experiences did Korean bands previously make at Reeperbahn Festival and did it help them to get established in the European market?
Around 40 acts have participated in the Reeperbahn Festival over the last five years. They have achieved both small and great results over that time thanks to the many opportunities provided by the Reeperbahn Festival. The opportunity to showcase in front of so many local and global business professionals as well as taking part in extra events such as the Berlin networking sessions have proved to be invaluable. One regrettable thing is that we have not been able to go visit Hamburg in person for the last few years because of COVID-19. So we have not been able to meet our local partners in person. I hope the situation will ease as soon as possible so we can once again take our artists to showcase in Germany.
My name is Birgit Reuther aka Biggy Pop. I am a freelance journalist specializing in pop culture. I am writing for the newspaper Hamburger Abendblatt. And I can be heard on the airwaves, presenting a talk and music show called Nachtclub Überpop for the public radio station NDR. I am writing press and B2B texts for record labels, bands, and pop institutions. And I am hosting a show at Hamburg’s music club Knust called Knust Guesthouse, where experienced acts and talents perform together and talk about their art. As Biggy Pop, I am publishing this blog about the music scene of Hamburg up to international pop phenomena. And I have a regular gig (beyond Covid) as a DJ on the Frau Hedi, a riverboat music club on the Elbe.
Vor zwei Jahren habe ich als Biggy Pop diesen Blog begonnen — über Popkultur in Hamburg und darüber hinaus. „Livemusik ist die Erlaubnis, alles fühlen zu dürfen. Mit anderen“, schrieb ich 2019 in meiner einjährigen Geburtstagsbilanz. Jetzt stehe ich vor der Bäckerei in der Schlange, meine Maske griffbereit und mein Blick fällt auf die nahe Litfaßsäule mit dem Titel „Kultur in Hamburg“. Neben Veranstaltungsplakaten aus dem März und April hängen Corona-Hilfsappelle für die krisengeschüttelte Szene. Das Herz ist im Frühling gestolpert und im Hochsommer gelandet. Wie fühlt es sich also an, dieses Blog-Jubiläum? Und wohin geht die Reise?
Als Journalistin habe ich mich stark damit beschäftigt, wie sich die Krise auf das Popbusiness auswirkt, zum Beispiel in den Corona-Specials der Reihe Nachtclub Überpop auf NDR Info. Oder eben hier auf dem Blog, weshalb ich die entsprechenden Beiträge noch einmal als Corona-Chronik an diesen Post anhänge. Diese Auseinandersetzung hilft mir zum einen ganz persönlich, mental mit der Lage klarzukommen und diese Ausnahmesituation ansatzweise zu begreifen. Vor allem aber hoffe ich, dass ich dazu beitragen kann, auf ganz unterschiedlichen Ebenen eine Öffentlichkeit herzustellen für die Popkultur.
Die verbindende und innovative Kraft der Musikszene
Wir müssen immer wieder reden über die Ängste und Hoffnungen der Musikerinnen, Musiker und DJs sowie all jener, die Clubs betreiben und in der Branche arbeiten. Ich möchte aber unbedingt auch von der innovativen und verbindenden Kraft erzählen, die die Musikszene gerade jetzt entfaltet. Wir werden noch länger mit dem Virus leben müssen. Und Geld wird weiterhin nötig sein. Aber damit Menschen nach wie vor spenden und damit vor allem die Politik bis ins Detail die psychische, soziale und auch wirtschaftliche Bedeutung der Popkultur erkennt, bedarf es: Kommunikation.
Wie wir miteinander reden, hat sich in den vergangenen Monaten verändert. Aber jenseits von Verschwörungsideologen nicht unbedingt zum Schlechteren. Wir hören nicht nur der Wissenschaft ausführlicher zu, sondern auch einander. Das erlebe ich bereits im Privaten. Beim Pandemie-gerechten Ausgehen rede ich da stundenlang mit lieben Menschen, die ich aus dem Musikleben kenne. Und mit denen ich sonst oft nur einige Sätze gewechselt habe. Da dann das Konzert begann. Da es zum nächsten Laden weiterging. Oder da ein Song startete, zu dem ich unbedingt auf die Tanzfläche musste. Ich vermisse diese Dynamik. Das Live-Erleben. Den nächtlichen Sog. Die Chance, sich zu verlieren. Um sich anders zu finden. Aber mir gefällt auch diese neue Intensität.
Den Musikerlebnisspeicher füllen
Welche anderen Seiten an uns lassen wir nun zu? Was lernen wir an anderen kennen? Mir kommt der neue Song samt Video der Hamburger Musikerin Antje Schomaker in den Sinn: „Verschwendete Zeit“. Im retro-modernen Sound und Look irgendwo zwischen The Weeknd und „Stranger Things“ singt sie da von Erneuerung. Die Haare abschneiden, das alte Ich hinter sich lassen und aufbrechen, auch wenn die Zukunft unsicher erscheint.
Viele Popfans, denen ich derzeit begegne, scheinen all die kleinen feinen Open-Air-Optionen dieses Corona-Sommers aufzusaugen. Akustisches auf Abstand. Leichtes Tanzen im Sitzen. Anflüge von Ausgehen. Den Musikerlebnisspeicher füllen, bevor der ungewisse Herbst anrückt. Bevor es desinfiziert und auf Distanz in den Clubs weitergehen soll. Oder eben nicht. Falls die zweite Welle kommt. Und wir dann wieder „supalonely“ zuhause tanzen. Vielfalt, Subkultur, Brodeln, Schwung, Inspiration und all die zweiten Heimaten in dieser Stadt — was wird daraus? Ich mache mir Sorgen. Und zugleich will, möchte und muss ich hoffen. Auf Solidarität. Auf die Popkultur.
Veröffentlichungen aus Hamburg — Lieder, die da sind
Optimistisch stimmt mich, wie viel Musik allein in Hamburg seit dem Shutdown herausgekommen ist beziehungsweise bald veröffentlicht wird. Catharina Boutari aka Puder pendelt auf ihrem Album „Tomorrowland mit Freunden“ in traumwandlerischer Intensität zwischen Pop und Jazz. Die Punksupergruppe Trixsi slackert sich auf ihrer Platte „Frau Gott“ mit Haltung durch die Widrigkeiten des künstlerischen Daseins. Und die Band Jenobi sendet mit „Hundred Times“ einen wunderbar poppig-verschachtelten Vorboten ihres Albums „Patterns“, das am 18. September bei Grand Hotel erscheinen wird.
Nur drei Beispiele. Lieder, die da sind. Die uns niemand mehr nehmen kann. Die in die Welt reisen, während wir — weitestgehend — zuhause bleiben. Während wir im benachbarten Bundesland an den See fahren, statt in ferne Länder zu fliegen.
Virtuelle popkulturelle Reisen
Nachdem ich 2018 und 2019 verstärkt meine Selbständigkeit als Musikjournalistin und Texterin angeschoben hatte, sollte 2020 das Jahr werden, in dem ich wieder mehr reise. Zwei Wochen im Mai in meiner Schatzstadt New York sollten den Auftakt machen. Zu gerne hätte ich weitere Städte bereist, um wie im März vergangenen Jahres in Brüssel in die Popszene einzutauchen und darüber zu bloggen. Stattdessen stille ich mein Fern- und Fremdweh nun wie viele online. Unter anderem fing ich an, mich mit koreanischer Popkultur zu beschäftigen — inspiriert von den Berichten über die politische Power der K-Pop-Fans.
Vor allem koreanische Dramaserien haben es mir derzeit angetan. Zum einen fasziniert mich, dass sich die Genres darin viel stärker vermischen als hierzulande. Sprich: K-Pop-Songs dienen als Soundtrack, berühmte Sängerinnen und Sänger spielen in den Serien mit, das Unterhaltungsbusiness als solches ist häufig Thema der Handlung und moderne Technologien werden selbstverständlicher in die Geschichte eingebunden. Vor allem aber spricht mich an, wie langsam und poetisch das Storytelling funktioniert. So ein wenig Eskapismus tut äußerst gut angesichts eines ausgefallenen Festivalsommers und insgesamt weniger Möglichkeiten, seine Energien in Live-Kultur zu kanalisieren.
Natürlich freue ich mich aber sehr darauf, wieder verstärkt über reale Events zu schreiben. Wie diese sich bis zu meinem dritten Blog-Jubiläum gestalten werden, darauf bin ich sehr gespannt.
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